Protest gegen Neubaupläne in Altona: Beteiligung selbst gemacht
Während Bezirk und Oberbaudirektor um Kompetenzen über einen Neubau in der Großen Bergstraße rangeln, machen AnwohnerInnen Stadtplanung im Zirkuszelt.
Mit einem quietschbunt leuchtenden Zirkuszelt haben am Samstag AnwohnerInnen am Eingang der Neuen Großen Bergstraße die Aufmerksamkeit der Passanten erregt. „Schon als wir aufgebaut haben, waren viele Leute neugierig“, sagt Susanne Langer, eine der OrganisatorInnen der selbst gemachten Beteiligungsaktion zum geplanten Neubau am Goetheplatz, der sogenannten „Bergspitze“, schräg gegenüber vom geplanten Ikea-Möbelhaus.
Ginge es nach dem Willen des Bezirks, würde der zweigeschossigen 70er-Jahre-Bau, der noch eine Bank und die „Preisoase“ beheimatet, demnächst einem siebengeschossigen Geschäfts- und Wohnhaus weichen. Weil das geplante Vorhaben einen Teil der öffentlichen Fläche beansprucht, die der Wochenmarkt nutzt, fürchten AnwohnerInnen, dass der Platz künftig zu einer Straßenkreuzung schrumpfen konnte. Nach Protesten gegen die Investorenpläne, verweigerte auch Oberbaudirektor Jörn Walter seine Zustimmung und zeichnete einen Kompromissentwurf.
Um ihrer Kritik an der mangelnden Partizipation Ausdruck zu verleihen, beteiligen die AnwohnerInnen sich nun selbst. Unter dem Dach des Zirkuszelts zeigt eine Fotoausstellung die Entwicklung der Großen Bergstraße seit den 50er Jahren. Neben den Investorenplänen wird der Gegenentwurf des Oberbaudirektors präsentiert. Auf Meinungskarten wird darüber abgestimmt und es werden eigene Entwürfe entwickelt.
„Das Bedürfnis ist groß, sich über den Wandel in Deutschlands erster Fußgängerzone auszutauschen“, sagt Langer. Das zeige sich vor allem bei älteren Menschen, die hier schon lange leben. Die Reaktionen seien häufig sehr emotional.
Vom Vorwurf, er sei bei der empfindlichen Planung unsensibel vorgegangen, will der Bezirk nichts wissen. „Auf bezirklicher Ebene ist nichts schiefgelaufen“, sagt die Sprecherin des Bezirks Altona, Kersten Godenschwege.
war in den 1960er Jahren die erste großstädtische Fußgängerzone Deutschlands.
Zur Wiederbelebung der Einkaufsmeile wurden immer wieder neue Konzepte erarbeitet. Letztlich setzten Bezirk und Stadt auf die Ansiedlung des ersten innerstädtischen Ikea-Möbelhauses mit Vollsortiment.
Das Ziel: Die Sozialstruktur soll "verbessert" werden, die Kaufkraft erhöht.
Die Kritik: Die Pläne gehen an den Bedürfnissen der Alteingesessenen vorbei und dienen dazu, alte Geschäfte zu verdrängen und viele Anwohner auszutauschen.
Dennoch scheint das Verhältnis zwischen Bezirk und Oberbaudirektor in Sachen „Bergspitze“ eher kühl zu sein. Ende Juli berief der Oberbaudirektor einen runden Tisch ein. Neben Vertretern der Investorenfirma Bruhn, des Bezirks und der Stadtentwicklungsbehörde erschienen auch vier Vertreter aus Stadtteilinitiativen – ungeladen. Nun suchen Bezirk, Stadtentwicklungsbehörde und Investor nach einem Kompromiss, der laut Stadtentwicklungsbehörde für den Investor Bruhn möglichst wirtschaftlich sein und zugleich den Goetheplatz möglichst wenig beschädigen soll.
Aber die Situation dürfte noch ein wenig verfahrener sein. Denn Ikea hat in den Verhandlungen mit der Stadt darauf gedrängt, mit rund 300.000 Euro an der Gestaltung des Platzes beteiligt zu werden. Dafür sollte der Goetheplatz bis zur Eröffnung des Möbelhauses in neuem Glanz erstrahlen. Die Firma Bruhn könnte damit pokern, diese Umgestaltung zu torpedieren, um sich bei ihrem Neubauvorhaben auf keinen Kompromiss einlassen zu müssen.
Während die Entscheidung aussteht, will nun auch der Bezirk die Anwohner beteiligen. Zusammen mit der Stadtentwicklungsgesellschaft Steg plant er ab dem 15. August eine dreitägige Beteiligungsveranstaltung auf dem Goetheplatz.
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