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Projekt »Weglaufhaus« liegt jetzt auf Eis

■ Nach Koalitionsbruch: Senat blockiert hauptsächlich von der AL unterstütztes Projekt für Psychiatrie-Betroffene

Berlin. Das Projekt »Weglaufhaus für Psychiatrie-Betroffene«, das in der Koalitionsvereinbarung des rot- grünen Senats verankert worden war, wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr verwirklicht. Die Bewilligung der dafür notwendigen Gelder fehlt auf der Tagesordnung der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses. Der »Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt« wirft dem SPD-Senat deshalb — wie auch die AL — Wortbruch vor.

Im »Weglaufhaus« in Reinickendorf sollten psychisch erkrankte Menschen, die nicht in einer Klinik psychiatrisch und mit Psychopharmaka behandelt werden wollen, Unterstützung und psychische Hilfe erhalten. Während der rot-grünen Koalition schien das vor allem von der Alternativen Liste unterstützte Projekt gute Chancen zu haben. Gesundheitssenatorin Ingrid Stahmer (SPD) hatte noch im Oktober vor dem Abgeordnetenhaus erklärt: »Das Weglaufhaus wird realisiert.« Auch im Haushaltsauschuß hatte das Weglaufhaus große Zustimmung bekommen. Dem Projekt sollten nach dem Haushaltsplan unter bestimmten Bedingungen für 1990 und 1991 jeweils 450.000 Mark zur Verfügung gestellt werden.

Diese Bedingungen wurden zwar erfüllt — doch der »Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt«, der sich zum Großteil aus Betroffenen zusammensetzt, sah sich zunehmend in dem Eindruck bestärkt, daß die Verfahren verschleppt und verzögert würden. So zog der Reinickendorfer Gesundheitstadtrat Detlef Orwat (CDU) vor einigen Tagen seine zunächst gegebene Zusage zurück. In den vergangenen zwei Wochen schob die Senatsverwaltung für Finanzen noch neue Auflagen nach. Dabei kam heraus: Würde der Haushaltsausschuß auf seiner heutigen Sitzung die Gelder für dieses Jahr — das wären noch 160.000 Mark — bewilligen, müßte die Zahlung für 1991 gesperrt werden. Für den Verein bedeutet das »eine finanzielle Knebelung«, so ein Mitglied, »und ist deswegen unannehmbar«. Das Projekt »Weglaufhaus« ist damit erst einmal auf Eis gelegt. Somit verfiele auch eine Millionenspende, die dem Verein in Form eines Hauses zur Verfügung gestellt worden war. lada

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