■ Kommentar: Privatprobleme
Als vor über einem Jahr der Stadtteilverein SO 36 wegen fehlender Gelder vier Stellen steichen mußte, war die Kritik der Bündnisgrünen am damaligen Kreuzberger Bezirksbürgermeister Peter Strieder harsch. Der Sozialdemokrat versprach aber immerhin, er werde sich um Auswege kümmern – auch wenn nichts passierte. Sein bündnisgrüner Nachfolger Franz Schulz fühlt sich dagegen unzuständig und empfielt dem Verein SO 36 und den beiden anderen Mieterberatungen eine „innerbetriebliche Umstrukturierung“. Kann man besser illustrieren, unter welche Zeit die sozialen Projekte gekommen sind?
In Kreuzberg, wo Anfang der achtziger Jahre ein beispielsloses Netz von sozialen Einrichtungen entstand, das den abgerutschten Bezirk wieder stabilisierte, ist nun in Echtzeit dessen Demontage zu beobachten. Die schrittweise Abwicklung des Vereins SO 36, der mit seiner Mieterarbeit und seinen Konzepten für einen lebenswerten Bezirk wichtige Impulse für die Sanierung gab, ist ein Lehrbeispiel für diesen schleichenden Stadtumbau. Gerade die Kreuzberger Bündnisgrünen, die ihre Stärke aus der vernetzten Struktur zogen, müßten das wissen. Gegen Sparzwänge anzukämpfen, ist eines – es achselzuckend zum Privatproblem der Projekte erklären, ein anderes. Irgendwann dachte man mal, es wär doch prima, wenn es in Kreuzberg einen grünen Bürgermeister gäbe. Aber das war in einem anderen Zeitalter. Gerd Nowakowski
Siehe Bericht Seite 22
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