: Prinzessin der Räder
■ Wortgewandter Bausenator Eugen Wagner stellt seine fast stumme Fahrrad-Beauftragte vor Von Heike Haarhoff
Ob sie sich geehrt fühlte, beim ersten öffentlichen Rathaus-Auftritt zur Rechten ihres Bausenators plaziert zu werden und erstmal schweigen zu müssen? Wir wissen es nicht. Dagmar Meyer trug es jedenfalls mit Fassung, als Eugen Wagner (SPD) höchstselbst ihr gestern verkündete, wer sie eigentlich ist: „Dagmar Meyer wird am 1. September ihren Dienst als Fahrradbeauftragte der Baubehörde aufnehmen.“
Eine Frau, die sich um die Belange der RadlerInnen kümmert, „unmittelbar der Behördenleitung unterstellt ist und weitgehend unabhängig von den Ämtern arbeiten“ soll – so was hat's in Hamburg noch nicht gegeben. Dementsprechend enttäuscht suchten Eugen Wagners Augen im dünn besiedelten Rathaussaal nach den ausgebliebenen Journalisten-Scharen, die seine frohe Botschaft mitkritzeln sollten: Ex-Stattianer Markus Wegner, der fast zeitgleich nebenan pressekonferierte, hatte ihm die Show gestohlen.
Die Aufgaben der neuen Fahrradbeauftragten kennt der Bausenator so gut, als wären es seine eigenen: „Frau Meyer wird das umweltfreundliche Radfahren unter den Verkehrsbedingungen einer Großstadt fördern, Fragen des Radverkehrs innerhalb der Behörde koordinieren, Bezirke und Bürger beraten.“ Daneben soll sie Konzepte formulieren, Dienststellen fachlich beraten, bei Gewerkschaften, Kammern, Verbänden und Verkehrsclubs schön fürs unmotorisierte Zweirad werben und Eugen Wagner zum Vorbild der Verkehrserziehung machen: Der düst nämlich – ebenso wie Dagmar Meyer – nach eigenen Angaben auf einem Dienstrad durch die Stadt. Wer's nicht glaubt, kann sich das Foto vom Tandem-Senator in der gestrigen SPD-Werbebeilage der Morgenpost zu Gemüte führen.
Schließlich erinnert sich der Bausenator doch noch an die Präsenz seiner Tischnachbarin und erteilt ihr großzügig das Wort. Dagmar Meyer erzählt: Daß sie in den vergangenen drei Jahren in der Behörden-Abteilung Verkehrsplanung tätig war, davor in einem Planerbüro gearbeitet hat, Betroffenenbeteiligung „ganz wichtig“ findet und deshalb viel „vor Ort“ arbeiten will. Nicht so spannend, finden ein paar Journalisten. Sie soll lieber sagen, wie alt sie ist. „40.“ Verheiratet? „Ja.“ (Mit wem? Nein, das trauen sie sich dann doch nicht.) Hobbies? „Radfahren.“ (Wie orginell.) Nicht beantworten darf die „selbständig arbeitende Fahrradbeauftragte“, wie vernünftige Radwege-Politik mit Eugen Wagners neuem, autofreundlichem Verkehrskonzept zu vereinbaren ist: „Da empfehle ich Frau Meyer, gar nichts zu sagen“, schneidet der Senator ihr das Wort ab. Radfahrer würden im Konzept „ausreichend berücksichtigt“. Dagmar Meyer wird's nicht leicht haben.
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