urdrüs wahre kolumne: Pressesprecher? Ich mach’s!
Heute schlägt im norddeutschen Spielzeughandel die große Stunde: die “MicroPets“ kommen auf den Markt. Global sind diese virtuell-interaktiven Persönlichkeiten für schlappe 15 Euro schon längst ein Renner und lokal legen sie jetzt mit Schmackes los: „Die kleinen Kerlchen haben einen Namen und einen eigenen Charakter, der sich je nach Besitzer entwickeln und ändern kann.“ Und nirgendwo steht in der Pressemitteilung der Spielzeugindustrie geschrieben, dass die knuffigen Dinger deshalb nicht an die Zechs, Schulenbergs und Möllemanns dieser Republik verkauft werden dürfen. Risiko, Risiko – wenn die dann am Ende erst die Mehrheit und dann die Macht erringen, hilft uns die schönste Sintflut nicht mehr weiter!
Also was soll ich mich da lange zieren, für BAT 1 mache ich den Job als Presseprecher der Bürgerschaft, wenn mir noch etwas Raum für unangemeldete Nebentätigkeiten bleibt. Ich versichere, auf diesem Posten jede ungereimte Position nachhaltig und ohne Augenzwinkern vorzutragen: Schließlich war ich schon immer Freund der Realsatire, die in dieser personellen Besetzung sicher voll zur Geltung käme. Und mit Krischan Weber wird die Verständigung schon irgendwie klappen, falls wir uns auf ein gemeinsames Rechtschreibprogramm einigen können.
Das Drive In am Osterdeich zu kippen, war das eine. Jetzt aber irgendwelchen Bürgerinitiativen auf alle Zeiten zu garantieren, dass in den Katakomben von Werder Bremen niemals nicht Fast Food verabreicht werden darf, wäre allerdings ein Sieg der bratwurstfeindlichen Slowfood- Enthusiasten, der nicht im Interesse des schlichten Fußballfreundes aus dem Volke sein kann: Hiermit appelliere ich an den Aufsichtsrat der Weserstadion-GmbH, sich nicht von solchen Forderungen beeindrucken zu lassen: „Kentucky schreit ficken“, meint dazu der Mann vom Grill beim Blick ins Mostrich-Fass.
Soso, Herr Hattig, Bremen ist eine grüne Stadt. Na klar, wenn man alles durch die Beck’s Bier-Pulle betrachtet, sehen plattgemachte Parzellengebiete und betongefüllte Wiesen immer noch aus wie das blühende Leben. Die Wirklichkeit ist aber doch längst bei der monopolistischen Interbrühe angelangt: ob das auf Dauer Hoffnung grünen lässt, wage ich als kleiner Trinker schon mal zu bezweifeln!
Der volkstümliche Ökonom und Schwabenstreicher Rudolf Hickel begeistert sich mit revolutionärer List taktisch äußerst wirkungsvoll für das Gröpelinger Milliardengrab Space Park. Als gestandener Sozi weiß er schließlich, dass die Politik sich kaum jemals durch seine Argumente beeindrucken lässt und so spielt der alte Rotfuchs nunmehr voll auf Bande: Schreit solange „Space Park, hurra“, bis dass es den Entwicklern dieses groben Unfugs unheimlich wird und sie die Sache im letzten Augenblick noch abblasen, um nicht am Ende mit ihren Plänen in den Ruch gewerkschaftlicher Orientierung zu kommen. „Ganz schön raffitückisch“, würde Kollege Paul aus dem Vertrauensleutekörper gesagt haben ...
Dass Henning Scherf im Ernst mal so böse werden würde mit dem christdemokratischen Koalitionsfreund Jens Eckhoff, dass er diesem fettreduzierten Smartie bei Reden im Parlament künftig direkt in die Augen schauen (!) will, wer hätte sich das bei diesem bislang so grenzenlosen Liebesbündnis jemals träumen lassen? Nun muss man dem arglosen Henning allerdings warnend sagen, dass man selbst den treusten blauen Augen und selbst dem gutmütigsten braunen Kuhblick heute nicht mehr trauen darf: gibt doch für alles Kontaktlinsen!
„Im deutschen I n t e r e s s e: öffnen Sie die Zukunft.“ War in Ihrem Umschlag auch soviel eisig kalte Luft? Fragt angesichts der Zustände in bremischer Abschiebehaft mitfühlend
Ulrich „FLUTER“ Reineking
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