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Pressefreiheit in Chile

■ Von Menschen und „Halbmenschen“

Mitglieder von Organisationen, die als verfassungswidrig erklärt wurden, haben für die Kommunikations–Medien nicht zu existieren. So erläuterte der chilenische Regierungsprecher Orlando Poblete auf einer Presse–Konferenz das am 20. Oktober verabschiedete Ausführungsgesetz zum Artikel 8 der Verfassung von 1980. Da es sich um verbotene Orgnisationen handele, könnten sie schließlich keine legitime Meinung haben. Ein Journalist war verwirrt: „Dürfen wir sie nicht mal nach ihrer Meinung zu der Erhöhung der U–Bahn– oder der Brotpreise fragen?“ Die Antwort: „Nein, absolut nichts.“ Der Meinungsfreiheit widerspreche dieses Gesetz jedoch nicht, so Poblete weiter, „man kann ja schließlich nicht zulassen, daß ein System, das die Pressefreiheit anerkennt, durch den Mißbrauch dieser Freiheit zerstört wird.“ Verfassungswidrig sind in Chile Organisationen, die totalitäre Ideen oder den Klassenkampf propagieren. Junta–Mitglied Admiral Merino - für seine klaren Aussagen bekannt - drückte es einfacher aus: Für ihn gibt es Menschen (Humanos) und Halbmenschen (Humanoides). Auch ohne Ausführungsgesetz wurde der Artikel 8 schon einmal angewandt. Im Januar 1985 erklärte das Verfassungsgericht sämtliche Parteien des damaligen Bündnisses MDP (Demokratische Volksbewegung) für verfassungswidrig: die Kommunistische Partei, die Sozialistische Partei und den MIR (Bewegung der Revolutionären Linken). Auf der Grundlage desselben Verfassungsartikels führt zur Zeit das Innenministerium einen Prozeß gegen den Sozialisten–Führer Clodomiro Almeyda. Wird er für „schuldig“ erklärt, darf seine Meinung nicht mehr in den Medien erscheinen. Wenn ein Kommunikationsmedium dem zuwider handelt, kann es für zehn Tage oder zehn Nummern gesperrt werden. Weiter dürfen „Schuldige“ weder Lehrer noch Schuldirektoren sein, noch dürfen sie in Kommunikationsmedien arbeiten oder solche leiten. Zudem ist ihnen die Führung politischer, gewerkschaftlicher oder berufsständischer Organisationen verboten. Mit dieser Gesetzgebung, so erklärte Innenminister Fernandez, versuche die Regierung, die bevorstehende Gefahr einer marxistisch–leninistischen Tyrannei, wie sie die Chilenen zwischen 1970 und 1973 erlitten hätten, zu vermeiden.

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