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Presse–Rummel um „Pharma–Strich“

■ Ein Mord an einer Japanerin in Kopenhagen rückt den bundesdeutschen „Pharmastrich“ ins Rampenlicht / Europäische Pharma–Multis wollen die Pille in Japan auf den Markt bringen

Aus Freiburg Thomas Scheuer

Ein mysteriöser Mord in Kopenhagen hat jetzt erneut eine Branche ins Licht gerückt, die mit ersterem zwar offensichtlich nicht das Geringste zu tun hat, aber dennoch seit längerem für dubiose Gerüchte gut ist: Institute, die im Auftrag von Pharma–Konzernen Medikamente an freiwilligen Versuchspersonen testen. Der „Pharma–strich“ zwischen Freiburg und der Pharma–Metropole Basel gilt Test–Touristen als besonders lukrative Einkunftsquelle. Das „Institut für klinische Pharmakologie - Biodesign“ in Freiburg ließ im vergangen Jahr junge Japanerinnen einfliegen, um Verträglichkeitstests mit Anti– Baby–Pillen durchzuführen. Die Frauen hatten sich auf Inserate in japanischen Zeitungen gemeldet, die eine Agentur im Auftrag des in Tokio ansässigen Consultingunternehmens „Biobridge“ geschaltet hatte, das in Japan verschiedene europäische Firmen vertritt. In Japan ist die Pille als Empfängnisverhütungsmittel bis heute verboten. Wegen der „Einzigartigkeit der japanischen Rasse“, so das Gesundheitsministerium, sage die nachgewiesene Unbedenklichkeit für Frauen anderer Rassen überhaupt nichts über die Harmlosigkeit der Pille für japani sche Frauen aus. Hinter dem Pillen–Verbot steht die Gynäkologen–Lobby, die Einbußen im äußerst einträglichen Abtreibungsbusiness befürchtet - ein Thema, das in Japan tabuisiert ist. Die rassistisch anmutende Begründung des Gesundheitsministeriums ist indes nicht ohne medizinischen Hintergrund: Asiaten verfügen teilweise über andere Enzym–Muster als Europäer oder Afrikaner; zudem verläuft der Zyklus japanischer Frauen wegen der Mondkonstellationen anders. Im Rahmen einer auf mehrere Jahre ange legten Erprobungsphase besteht das Ministerium somit nicht ohne Grund auf Unbedenklichkeitsbescheinigungen durch Tests an Japanerinnen. Eben jene hatten Pharma–Konzerne „zur Vorbereitung des japanischen Marktes“, wie eine „Biodesign“–Ärztin der taz bestätigte, bei dem Freiburger Institut in Auftrag gegeben. Zu vergleichenden Drei–Monats–Tests warb „Biodesign“ deutsche wie japanische Frauen an. Die Deutschen wurden im Schnitt mit 4.000 Mark honoriert; die Japanerinnen sollen rund 100 Mark täglich erhalten haben bei Übernahme aller Kosten für Flugreise, Unterkunft und Verpflegung. Dafür mußten sich die Frauen ein Vierteljahr täglich morgens um acht Uhr im Institut einfinden - zur kontrollierten Einnahme der Pille und zum Messen des Chromosomenspiegels. Die schwangerschaftsverhütende Wirksamkeit wurde dabei nicht getestet. Am 12. September war die letzte Test–Serie mit fünf Japanerinnen nach deren Abschlußuntersuchung beendet. Die Frauen nutzten den Gratis–Bio–Trip in der Regel zu Europa–Touren. So auch die 22jährige Tazuko Tojonaga, die zunächst nach Italien abreiste. Am 31. Oktober 1986 fand ein Taxifahrer in Kopenhagen die zerstückelte Leiche der ermordeten Japanerin im Meer. Beim gegenwärtigen Stand der Interpol Ermittlungen kann jeder Zusammenhang zwischen der Mordtat in Kopenhagen und der früheren Test–Tätigkeit des Opfers in Freiburg ausgeschlossen werden. Trotzdem wärmten Sensationsblättchen einen zwei Jahre zurückliegenden Mord an zwei japanischen Touristen in Freiburg auf (sie hatten mit „Biodesign“ gar nichts zu tun) und stilisierte das Institut nun zum Grusel–Labor hoch, in dem am laufenden Band Japaner verschwinden.

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