Press-Schlag: Verhältnismäßig visionär
In der Liga drohen wegen der Dominanz des FC Bayern und der Dortmunder Borussen spanische Verhältnisse. Bayern-Boss Hoeneß will das ändern.
M it Verhältnissen ist es so eine Sache. Verhältnisse können blitzschnell Beziehungen killen. Und wenn aus einfachen Verhältnissen griechische Verhältnisse werden, dann droht mindestens ein Staatskollaps. Verhältnismäßig hitzig wurde dieser Tage in der Bundesliga über spanische Verhältnisse diskutiert. Wenn das Verhältnis aus Spanien kommt, dann ist leider auch mit dem Schlimmsten zu rechnen.
In diesem Fall steht die die Bundesliga vor einer große Öde, weil nur noch der FC Bayern München und Borussia Dortmund gewinnen – und sonst keiner mehr. Wenn nur noch zwei Teams unangefochten oben stehen und der Rest nicht mehr mithalten kann, dann wird es irgendwie langweilig für den Fan. Der will ja nicht schon vorher wissen, wie es ausgeht, sondern knisternde Spannung.
Nun fürchtet der Oberaufseher der Liga, Uli Hoeneß, dass selbst in dem relativ gut austarierten deutschen System alles aus dem Gleichgewicht kommen könnte, eben wegen der blöden spanischen Verhältnisse. „Ich finde schon, dass wir uns Gedanken machen müssen, dass die oberen zwei, drei Clubs nicht total davonlaufen, dass die anderen mithalten“, hat er gesagt. Es fiel auch das schöne Wörtchen „solidarisch“.
ist Sportredakteur der taz.
Abgeschöpfte Fettaugen
Es hat viele Kollegen von Hoeneß gewundert, dass ausgerechnet der zum Liga-Gewerkschafter mutiert, denn der Präsident des FC Bayern war ja in der Vergangenheit mitverantwortlich dafür, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich in der Liga weiter öffnete. All jene Klubs, die es an die Fleischtöpfe der Champions League geschafft haben, allen voran die Bayern, schöpfen die Fettaugen ab.
In der vergangenen Champions-League-Saison hat der FC Bayern über 40 Millionen Euro extra eingenommen, heuer werden es wohl noch ein paar Milliönchen mehr sein. Ähnliche Zahlen kann Borussia Dortmund in diesem Jahr vorweisen.
Bereits in der Europa League wird viermal weniger Geld verdient. Und wer nur auf nationalem Niveau bleibt und auch noch früh im DFB-Pokal scheitert, nagt am Hungertuch. Das Gefälle zwischen den Ausschüttungen in der Champions League (dieses Jahr sind es fast 1 Milliarde Euro) und jenen Klubs, die auch froh sind über 100.000 Euro vom regionalen Bauunternehmen, wird größer. Die Sorge von Hoeneß ist also berechtigt, doch entspringt sie nicht allein einem Gefühl karitativer Fürsorge.
Illusion von Fairness
Hoeneß hat ökonomische Bedenken. Einerseits hat er es wie kein Zweiter geschafft, den Umsatz eines Fußballklubs in die Höhe zu treiben, auf der anderen Seite weiß er natürlich, dass exorbitantes Wachstum einiger weniger Vereine zu einer krassen Verzerrung des Wettbewerbs führt. Und er weiß, dass im Sport zumindest die Illusion von Chancengleichheit und Fairness vorhanden sein sollte.
Hoeneß hat sich stets als äußerst flexibler Macher erwiesen. Erst war er gegen die Champions League und für eine Art europäische Superliga, dann war er für die Champions League und gegen eine Europaliga, deren Einführung bedeutet hätte, dass sich der FC Bayern vom Bundesliga-Spielbetrieb verabschiedet. Jetzt bekennt er sich wieder stark zur Bundesliga, weil der deutsche Markt boomt. Weil die Erlöse aus Fernsehgeldern weiter steigen. Weil die Bundesliga unverzichtbares Kerngeschäft für den FC Bayern ist.
Hochinteressant ist freilich, wie der Hoeneß’sche Solidarpakt umgesetzt werden soll. Alles deutet darauf hin, dass in der Diskussion um spanische Verhältnisse der Schwarze Peter an die Uefa weitergeschoben wird. Der Kontinentalverband müsse das Problem lösen, ist allerorten zu hören. In Nyon, der Uefa-Zentrale, saßen aber bisher nicht die großen Umverteiler.
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