■ Press-Schlag: Alles unentschieden beim HamburgerSV
Hamburg (taz) – Nicht einmal Oliver Reck trug das Seine dazu bei, die Inszenierung, auf die die 46.000 Zuschauer im Hamburger Volksparkstadion so sehr gewartet hatten, zu retten. Nur einmal ließ der Tormann Werder Bremens den Ball ungeschickt aus seinen Armen kullern, direkt vor die Füße von HSV-Stürmer Jan Furtok. Doch dem, nach langer Verletzungspause wieder im aktiven Dienst, ist offenbar während der Rekonvaleszenz entfallen, in welcher Geberlaune sich der bremische Keeper gelegentlich befindet.
Auch sonst wurde das Versprechen von HSV-Präsident Jürgen Hunke, den Hamburgern ein rauschendes Fußballfest zu servieren, keine dreißig Minuten lang gehalten. Bis dahin rannten die Hamburger, wie ihnen ihr Trainer Benno Möhlmann geheißen – viel und wirblig. Aber Tore, nennenswerte Chancen, erspielten sie sich nicht. Die Bremer hingegen taten, was sie in den letzten zehn Jahren immer wieder von ihrem Übungsleiter Otto Rehhagel eingebleut bekommen haben – abwarten und langsam kommen lassen.
Jedenfalls war es mit den Vorsätzen der Hamburger vorbei, als die Bremer sich endgültig entschlossen hatten, die eigene Hälfte fest zu verriegeln. Am Ende kam dabei ein 0:0 heraus. Den Mannen von der Weser mochte dies gereicht haben, um den Münchner Bayern weiterhin auf der Spur bleiben zu können, den Hamburgern – Zuschauern und Spielern – allerdings blieb ein Aufschluß darüber verwehrt, ob es nun weiterhin gegen den Abstieg zu spielen gilt oder man allmählich verstohlene Blicke gen UEFA-Pokalplatz werfen darf.
Immerhin war der Geldregen schon eines internationalen Spieles würdig. 700.000 Mark Einnahmen erbrachte die Partie der – trotz des 16 Millionen Mark schweren Verkaufs von Thomas Doll an Lazio Rom – leeren HSV-Kasse. Und darüber hinaus dem Publikum mal wieder das Gefühl, etwas Wichtiges nicht verpaßt zu haben. Zehn Minuten verspätet konnte die Begegnung erst angepfiffen werden, Schlangen vor den Kassenhäuschen signalisierten: Wir werden dabei sein! Noch im Stau nach dem Spiel, im Gehupe der Fans, schien irgendwie durchzuscheinen: Es hat sich gelohnt, ganz bestimmt.
Ob sich die Präsidentschaft Jürgen Hunkes für den HSV als lohnendes Geschäft erwiesen hat, ist unter Kennern strittig. Hunke selbst, der die Amtsgeschäfte im Frühjahr an einen bis dato in der Fanszene unbekannten Inhaber eines Zahnersatzlabors übergeben wird, hält sich für die Krönung schlechthin. Sein Deal mit den HSV-Aktien ist zwar geplatzt, dafür aber alles in die Wege geleitet, um aus dem HSV zwei Clubs zu formen – einen für die Amateurabteilungen und einen für die Profifußballer.
Der frühere HSV-Chef Wolfgang Klein jedenfalls, Kritiker Hunkes seit dessen erster Amtsstunde, weil der sowohl vom Fußball als auch vom Geschäft keine Ahnung habe, wird heute abend auf dem Vereinsjahresplenum einen schlechten Stand haben. Eine Alternative zu Hunke und seiner Gefolgschaft gibt es nicht, die guten Kreise Hamburgs interessieren sich nach wie vor für alles, nur nicht für den HSV. Und der Tabellenplatz, der elfte, den die Hamburger derzeit einnehmen, ist so unanfechtbar mittelmäßig, daß sich selbst mit Abstiegsängsten keine Politik machen läßt.
Alles unentschieden bei den Hamburgern, also immerhin etwas besser als beim ungeliebten FC St. Pauli in der Zweiten Liga. Insofern war der Abend mit seinem Nullsummenspiel typisch für den HSV. Jan Feddersen
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