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Press-SchlagDa steckt ungeheure Arbeit drin!

■ Seit Samstag ahnt Neu-Trainer Horst Hrubesch, was in Dresden realistisch ist

Ungeheuer beeindruckend kann der Eindruck nicht gewesen sein, den Horst Hrubesch (43) in seiner ersten Woche in Dresden bekommen hat. „Es wird gehen“, hat er gemutmaßt, nachdem Samstag gegen den KSC mit ganz viel Mühe ein 1:1 geschafft und der erste Punkt also eingefahren war. Dann aber eingeschränkt: „Wenn jeder bereit ist, das zu bringen, was er bringen kann.“ Und dann schleunigst noch einmal eingeschränkt: „Aber nur dann.“

Das ist realistisch: Dynamo Dresden ist, das fiel dem Karlsruher Trainer Schäfer mit spontaner Professionalität ein: „diszipliniert“. Und sonst? Ist man leidlich gut über das Feld verteilt, speziell hinten. Aber nicht unbedingt inspiriert, nur sehr bedingt kreativ. Man kennt den langen Ball und setzt ihn gern und regelmäßig ein und nicht immer, weil er sich zwingend anböte. Einmal allerdings tat er das schon. Als mit dem ins Mittelfeld beorderten Pilz „mehr Druck“ (Hrubesch) entstanden war, mehr als gar keiner, wie zuvor, der just eingewechselte Fuchs den geradlinigen Ekström losschickte und der traf.

Das badische Personal, das einige beeindruckende Protagonisten aufzuweisen hat, und sich als recht sicherer UEFA-Kandidat zu erkennen gab, hatte zuvor abgebrüht wenige, aber gute Chancen herausgearbeitet, doch nicht verwertet (Bilic, Reich). Häßler selbst mußte, wie immer, den Einwurf prallen lassen, um Sekunden später am Strafraum angespielt zu werden: Fink und Schmitt erledigten den Rest. Mehr wollte man seltsamerweise nicht: Mit dem „relativ wichtigen Punkt“ war Winfried Schäfer „zufrieden“, und Hrubesch sowieso. Der war zwischzeitlich nämlich „etwas nervös“ geworden, wohl weil er beim Vergleich der beiden Teams deutliche Nachteile bei jenem ausmachen mußte, das nun das Seinige ist.

Da kommt Arbeit auf den Mann zu, den Ernst Happel in der erfolgreichen Hamburger Zeit als seinen wichtigsten Spieler schätzte und der Manager Netzer als vorbildlichen Profi und charakterstarken Menschen. Ob der westfälische Dachdecker als Trainer so gut ist, wie einst als Mittelstürmer, der viel mehr konnte als nur köpfen, ist in Innsbruck und Rostock nicht nachgewiesen worden. Seine Empfehlung immerhin ist die denkbar beste. Dem Präsidenten Otto hatte der Kollege Beckenbauer („Ich kenn da einen in Hamburg“) kaum den Tip gegeben, da hatte sich Vorgänger Sigi Held auch schon verabschiedet, „ohne große Worte“ übrigens, wie Kapitän Thomas Rath zu berichten wußte.

Warum Hrubesch nach Dresden kam, ist eine überflüssige Frage. Dennoch wird sie augenscheinlich gerne gestellt. Was soll er sagen? Zum einen hat er auf einen Job gewartet, zum anderen, versichert er glaubwürdig, sei dieser Einstieg „optimal“, denn: „Wir stehen auf keinem Abstiegsplatz“, immerhin. Also setzt er notgedrungen auf den Veteranen Pilz und den in Hamburg ausgemusterten Andreas Sassen (26), Spieler immerhin, die „den Ball mal anhalten “, und dazu „einen Paß spielen“ können. Es ist halt bei Dynamo wie beim Durchstöbern der sponsernden Programmzeitschrift: Versprochen wird: „Da steckt was drin!“ doch finden muß man es gefälligst selber.

Es geht jedenfalls wieder ums Ganze, nicht weniger als um die „letzte Bastion des Ostfußballs“ wie der zugereiste Präsident emphatisch wissen läßt. Also: Ärmel noch höher krempeln, was sonst, fordert der erprobte Kämpfer Hrubesch. Und wer weiß: vielleicht reicht das und sind andere ja noch schlechter. „Schönheitspreise“, das hat Rolf-Jürgen Otto zur Überlebensstrategie erklärt, „werden nicht vergeben.“ Auch insofern ist diese Trainerwahl von tiefer Symbolik. Peter Unfried

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