Press-Schlag: Kölle in die Hölle
■ Der Punkt in Schalke ist Pech für Köln
Der 1. FC Köln ähnelt nicht erst in diesen Tagen einem Museum, das abgesehen von einer wenig repräsentativen, stark angestaubten historischen Dauerausstellung nichts weiter mehr zu bieten hat. Und daß das früher einmal anders gewesen ist, weil die Exponate weit über Deutschlands Bundesliga hinaus glänzten, ist eine nur noch schwach leuchtende Farbe, die über die Jahre und aufgrund der Tatsache, daß sie viel zu oft schon herbeizitiert wurde, beim nüchternen Betrachter längst keine Wirkung mehr hinterläßt.
Seit Wochen gleichen sich die Bilder. In der Nähe des Mannschaftsbusses posieren wie auf Schlachtengemälden in rotweißer Montur mit Fanschal die Anhänger auf der einen und in grüner Uniform unter Helmen und mit Schlagstöcken bewaffnet die Ordnungshüter auf der anderen Seite. Die Vorstellung greift Raum, daß dieses Stilleben für die Ewigkeit geschaffen wurde. Fluchend bis zum Sanktnimmerleinstag.
Das gilt trotz oder gerade wegen des Punktgewinns am Samstag beim Uefa-Cup-Finalisten Schalke 04. Sicher wäre es im Falle einer Niederlage nur noch sehr schwer gewesen, Trainer Peter Neururer gegen den Druck von außen (Medien) als auch den von innen (Verwaltungsrat, Präsidiumsmitglieder) weiterzubeschäftigen. Aber nach der hohen Düsseldorfer Niederlage in München scheint es, als habe der 1. FC Köln nichts mehr mit dem Abstieg zu tun. Neururer bleibt im Amt.
Diese Erkenntnis ändert jedoch keinen Deut an der Tatsache, daß es an der Bereitschaft mangelt, am grundsätzlichen Problem zu rütteln. Statt sich selbst zu entlassen, fallen in die Ära der Präsidentschaft von Klaus Hartmann seit November 1991 eigentlich nur Trainerentlassungen (Rutemöller, Berger, Jerat, Olsen, Engels). Von daher wäre eine weitere, die von Neururer, geradezu konsequent gewesen, insbesondere da der Vertrag erst am Ende des letzten Jahres um ein Jahr verlängert wurde und damit erneut eine großzügige Abfindung fällig gewesen wäre.
An was es mangelt, ist eine wirkliche Perspektive. Die will man zu Beginn der neuen Saison vergeblich mit der Installation eines Sportdirektors herbeischaffen. Doch nachdem der seitens der Vereinsführung favorisierte Kandidat Hannes Löhr absagte, wird man jetzt wohl Carl-Heinz Rühl beschäftigen, der ausgesprochen nur die zweite Wahl war.
Hätte man verloren und Peter Neururer gestern entlassen, hätte man zumindest einen Moment innehalten müssen, um grundsätzlich nachzudenken. So geht alles weiter seinen Gang: Die Arbeit steht still – und das wrackige Museum 1. FC Köln bewegt sich deshalb weiterhin konsequent vorwärts auf seinem schmerzhaften Weg in die Hölle der Bedeutungslosigkeit. Thomas Lötz
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