■ Zahlen auf dem Bau: Prekäre Lage
Berlin ist die Hauptstadt der Kräne, doch der Boom läßt allmählich nach. Während 1995 das Bauvolumen aller im Gang befindlichen Projekte noch um acht Prozent auf 29,5 Milliarden Mark stieg, wird für 1996 eine Stagnation erwartet.
Im Berliner Bauhauptgewerbe arbeiten 64.000 Beschäftigte. Die mittelständische Fachgemeinschaft Bau zählt derzeit 17.000 Arbeitslose und befürchtet zum Ende des Jahres einen Anstieg auf 30.000.
Gleichzeitig sind nach Angaben der Fachgemeinschaft 30.000 Bauarbeiter aus Billiglohnländern und zusätzlich rund 30.000 Illegale auf Berliner Baustellen beschäftigt.
Die von der Fachgemeinschaft vertretenen 1.400 kleinen und mittleren Betriebe erbringen heute noch zwei Drittel der Bauleistung, Tendenz fallend. In den 80er Jahren waren es einmal 80 Prozent. Sie sind neben dem Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern vor allem auf Aufträge der öffentlichen Hand angewiesen, etwa im Straßenbau, in der Altbausanierung und beim öffentlichen Hochbau. Doch 1996 werden hier 1,4 Milliarden Mark an Aufträgen gestrichen.
Vergangenes Jahr gingen 380 kleine und mittlere Betriebe in Konkurs. Dieses Jahr wird es für 400 bis 500 Unternehmen eng. Seit 1993 ist die Zahl der neugegründeten Betriebe zwar um rund 20 Prozent auf ingesamt 4.000 angestiegen. Doch viele der Neugründungen gehen aufgrund ihres Eigenkapitalmangels schnell wieder ein. Außerdem haben die neuen Betriebe im Schnitt weniger Beschäftigte als die in Konkurs gegangenen.
Ob man dagegen bei den Branchenriesen wie Holzmann oder Hochtief überhaupt noch von Baufirmen im herkömmlichen Sinne sprechen kann, ist fraglich: Die Zahl der Angestellten im Vergleich zu den Bauarbeitern beträgt hier schon 1:1, bei den kleinen und mittleren Betrieben immerhin noch 1:6.
Der Grund: Viele Großfirmen erwirtschaften einen Großteil ihres Umsatzes mit baufremden Leistungen wie Baumanagement und Finanzdienstleistungen. Diese machen mittlerweile bis zu 30 Prozent des gesamten Bauvolumens aus.
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