Präsidentschafts-Stichwahl in Peru: Zwischen Aids und Krebs

In Peru beginnt die Stichwahl zwischen Keiko Fujimori, Tochter des inhaftierten Ex-Präsidenten, und Ollanta Humala. Medien und Wirtschaft unterstützen Fujimori.

Hat gute Chancen, ihrem Vater in den Präsidentenpalast zu folgen: Keiko Fujiomori. Bild: dapd

BUENOS AIRES taz | Ginge es nach Mario Vargas Llosa, dann entscheiden sich die PeruanerInnen am Sonntag "zwischen Krebs und Aids im Endstadium". Doch selbst für den Literaturnobelpreisträger von 2010 scheint eine der beiden Krankheiten noch das kleinere Übel zu sein. Er werde in der Stichwahl um das Präsidentenamt für Ollanta Humala stimmen, kündigte Vargas Llosa an.

Der 48-jährige ehemalige Militäroffizier, dem gerne das Etikett "Linksnationalist" angeheftet wird, war mit knapp 32 Prozent als Sieger aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 10. April hervorgegangen. In der Stichwahl trifft Ollanta Humala auf Keiko Fujimori, deren bisher größtes politisches Verdienst es ist, die Tochter des wegen Menschenrechtsverbrechen und Korruption im Gefängnis sitzenden früheren Präsidenten Alberto Fujimori zu sein. Die 36-jährige hatte es mit knapp 24 Prozent in die zweite Runde geschafft.

Für den Schriftsteller Vargas Llosa sind eigentlich beide KandidatInnen nicht wählbar. Doch in Peru herrscht Wahlpflicht. Und wer von den rund 17 Millionen Wahlberechtigten keinen triftigen Grund nachweisen kann, muss zur Wahlurne gehen. Nach den letzten Umfragen liegen Ollanta und Keiko zwar gleichauf, doch Keiko wird eine Nasenspitze Vorsprung eingeräumt und 15 Prozent der Stimmberechtigten haben sich noch nicht entschieden. Dass sich ein Wahlsieg für die Fujimoris wiederholen könnte, ist nicht nur für Vargas Llosa ein Alptraum.

Ende Mai zogen zehntausende Demonstranten gegen das Vergessen der Verbrechen während der Fujimoripräsidentschaft durch die Straßen der Hauptstadt Lima. Im Jahr 1990 war der Kandidat Vargas Llosa gegen den damals wenig bekannten Alberto Fujimori in der Stichwahl um das Präsidentenamt gescheitert. Die Amtszeit von Alberto Fujimori endete mit dessen Flucht nach Japan, als sein diktatorisches Regime zusammenzubrechen drohte. Zahlreiche Mittäter von damals beschäftigt noch heute die peruanische Justiz.

Anerkennung von Besitztiteln

Die Namen der Personen in Keikos Wahlkampf- und Beraterteam lesen sich wie ein Auszug aus den Ermittlungsakten. Dennoch hat Keiko Fujimori die besseren Chancen. Während Humala in den meinungsmachenden Medien zwar nicht plump aber doch subtil als getarnter Hugo Chávez abgehandelt wird, darf Keiko Sicherheit ausstrahlen. Als Reaktion hat Vargas Llosa Anfang der Woche seine wöchentliche Kolumne in der konservativen Tageszeitung El Comercio aufgekündigt. Die Zeitung habe sich "in eine Propagandamaschine für die Kandidatur von Keiko Fujimori" verwandelt, und versuche mit allen Mittel einen Wahlsieg Humalas zu verhindern, schreibt er.

El Comercio gehört zu einem der größten Medienunternehmen des Landes. Doch nicht nur deshalb hat Keiko die besseren Karten. Sie hat sich die Unterstützung von zweier im ersten Wahlgang gescheiterten Kandidaten eingeholt. Vor wenigen Tagen lächelten Pedro Pablo Kuczynski und Luis Castañeda gemeinsam mit Keiko in die Kameras. Eindeutiger kann die rechtskonservative Wirtschaftselite nicht demonstrieren, dass sie am Sonntag alles auf Keiko setzt.

Aber nicht nur das. Mercedez Aráoz lächelt ebenfalls auf den Fotos. Aráoz war die Kandidatin des scheidenden Präsidenten Alan García und seiner als sozialdemokratisch geltender Partei, war aber nicht zur Wahl angetreten. Zudem hat sich Keiko Fujimori schon vor Wochen die Unterstützung des Wirtschaftswissenschaftler Hernán de Soto gesichert. Der hatte auch schon Vater Alberto beraten. De Sotos Credo ist, Armut durch die Vergabe von Besitztitel für Haus und Hof zu bekämpfen. Wer einen Besitztitel vorweisen kann, ist kreditwürdig und kann investieren, so die einfache und bestechende Formel. Die Regulierung und Anerkennung von Besitztiteln der armen Bevölkerungsschicht, ist Keikos großes Sozialversprechen für die Wahlberechtigten in den Armenvierteln.

Und Ollanta Humala? 2006 war er schon einmal in der zweiten Runde gescheitert, damals gegen Alan García. Dass er seinen Stimmenvorteil aus der ersten Runde nicht entscheidend ausbauen konnte, liegt nicht nur am geschickten Vorgehen seiner Kontrahentin. Den Medien ist es tatsächlich gelungen, Humala als Eiertänzer darzustellen, der angeblich jede Woche einen anderen Regierungsplan vorlegt. Und Humala ist es nicht gelungen, diesem Eindruck glaubhaft etwas entgegen zu setzen. Sollte er am Sonntagabend dennoch die Nase vorne haben, dann mit den Stimmen jener, die wie Mario Vargas Llosa, gegen Fujimori gestimmt haben.

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