: Prämiensparen im Amt
■ SKP belohnt Verbeserungen / Bearbeitungszeit dauert Jahre
Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam. Das hat auch Hans Joachim Kindel gewußt. Seit Jahrzehnten arbeitet der Beamte für die bremische öffentliche Verwaltung. Als Sachbearbeiter im Amt für Wohnung und Städtebauförderung ist Kindel für rund 60.000 staatlich geförderte Wohnungen und deren MieterInnen verantwortlich.
Jedes Jahr im Frühjahr schickt er rund einem Drittel der MieterInnen standardisierte Briefe zu, und fordert sie auf, ihr Einkommen dem Amt mitzuteilen. Einige Wochen später benachrichtigt er die SozialwohnungsbewohnerInnen erneut per Post darüber, ob sie eine höhere Miete zahlen müssen oder nicht.
Jeder Brief kostet das Land Bremen eine Mark Porto. Bis Kindel auf die Idee kam, die Briefe als „Infopost“ zu schicken. „Pro Brief sparen Sie da bis zu 70 Pfennig“, sagt Kindel. Im November 1993 reichte er diesen Sparvorschlag dem Gremium für betriebliches Vorschlagswesen der Senatskommission für das Personalwesen (SKP) ein. „Da hätten wir im Frühjahr 1994 das erste Mal per billiger Infopost versenden können“, sagt Kindel und war sich sicher, daß sein Vorschlag angenommen wird.
Bis zum November 1995 hörte er nichts von der SKP. Dann überwiesen die Personalverwalter 1.815 Mark auf Kindels Konto und beglückwünschten ihn zu seiner Idee. Kindel hatte die Hoffnung längst aufgegeben, daß die Bürokratie auf ihn reagieren könnte. Mit seinem Amtsleiter hatte er den Verbesserungsvorschlag daher schon ohne höheren Segen umgesetzt und so Bremens Steuergroschen gespart.
„Verbesserungen stoßen eben nicht überall auf Wohlwollen“, gesteht Wernes Drewes, Vorsitzender des Prüfungsausschußes bei der SKP. So komme es ab und zu vor, daß manche Vorschläge jahrelang in den Ressorts bei den Prüfern ablagern. Für jeden eingereichten Verbesserungsvorschlag beruft die Prüfungskommission einen Gutachter. Der beurteilt die Wichtigkeit und Kostenersparnis der Mitarbeiter-Idee. Wie soll ein Verwaltungsbeamter in der SKP auch beurteilen, ob Heizungsarmaturen billliger mit dem Flanschringsauger oder mit dem Glovebag-Verfahren ausgewechselt werden können (4.650 Mark für den Werkstattleiter beim Bremer Hochbaumanagement).
Die Anregung einer Sekretärin in der SKP, selbstklebende Briefumschläge für den Lohnsteuerkartenversand zu benutzen, honorierten die Prüfer mit 1.240 Mark. „Man fragt sich natürlich, warum da nicht früher jemand drauf gekommen ist“, sagt Drewes. Aber das ist eben genau die Krux: Die beamteten Verwalter kommen nicht auf naheliegende Lösungen. Die meisten Vorschläge der rund 150 eingereichten Verbesserungen kommen dann auch von MitarbeiterInnen aus den städtischen Betrieben und Werkstätten.
Doch Drewes will die Bremer Beamten weiter anspornen. Ab diesem Jahr hat er die Höchstprämie von 10.000 Mark verdoppelt. Wenn die Stadt Millionen einspare, könne sie auch 20.000 Mark Bonus auszahlen. „Das macht sich dicke bezahlt“, sagt Drewes. Das Vorschlagswesen trage sich schon jetzt von selbst. Außerdem möchte Drewes die Verordnungen dahingehend ändern, daß die Ressort im ersten Jahr der Einsparung 75 Prozent ihres eingesparten Budgets an die SKP abtreten. Davon will Drewes dann höhere Prämien bezahlen.
Zu seinem Verbesserungsvorschlag gehört auch, daß den Gutachtern aus den Ressorts in Zukunft eine Frist gesetzt werden soll, damit das Komepetenzgerangel zwischen den Ressorts aufhört. So wie im Fall von Herfried Schumacher, der im vergangenen Jahr die Höchstprämie von 10.000 Mark bekam. Darauf hatte er allerdings fünf Jahre gewartet. Als Amtsrat für das Bildungsressort kam er auf die Idee, nicht mehr wie bisher die Schülerdateien im Rechenzentrum führen zu lassen. Kleine Rechner sollten dieselbe Arbeit dezentral billiger erledigen. „Das spart Millionen“, sagt Drewes. Das landeseigene Rechenzentrum war von dem Vorschlag jedoch nicht begeistert. Zumal es zu dem Zeitpunkt ein Eigenbetrieb werden sollte und ebenfalls auf Kosten achten mußte. ufo
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