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■ Mit dem Staatsbetriebsende auf du und duPostmonopol ade!

Berlin (taz) – Was bedeutet ein Ende der Postmonopole? Die Postreform II, die heute in den Bundestag eingebracht wird, visiert eine Aufhebung des Sprachmonopols für Ende 1997 an, vorausgesetzt die anderen EU-Länder ziehen mit. Auch das Netz- und Briefmonopol sollen irgendwann fallen.

„Für die Verbraucher kann eine Aufhebung der Postmonopole nur billiger werden“, glaubt Wilhelm Hübner vom Verband der Postbenutzer. Kein gutes Haar mag der Marktwirtschaftler an dem Staatsbetrieb lassen. Nie sei sie einem guten und preiswerten Service gerecht geworden, der allein ein Monopol rechtfertige. 2,3 Millionen Leute in Ostdeutschland warteten immer noch vergeblich auf einen Telefonanschluß. Längst hätten große Unternehmen ihren Netzknoten ins Ausland verlegt, um der Telekom zu entkommen. Und Hübner weiß von einem Betrieb, der seine gesamte Massenpost inzwischen aus dem Ausland abschickt: Von den ursprünglichen Kosten von 13 Millionen Mark konnte das Unternehmen so vier Millionen Mark sparen. Verärgert ist Hübner, daß das Ende der Postmonopole in dem Reformvorhaben nicht klar festgelegt wird. „Es ist doch furchtbar, daß der Staat uns so ausplündert.“ Billiger und schneller werde der Service, wenn nur die private Konkurrenz zum Zuge käme, glaubt er. Schweden sei ein gutes Beispiel dafür. „Es ist naiv zu glauben, der Markt werde schon alles regeln“, urteilt hingegen Herbert Kubicek, Professor an der Uni Bremen für angewandte Informatik.

Entscheidend sei nicht die Frage, ob die alte Post Konkurrenten bekomme oder nicht. Viel wichtiger sei es – vor allem im Telekommunikationsbereich – daß es eine starke Instanz gebe, die die verschiedenen Anbieter koordiniere und darauf achte, daß alle Regionen versorgt würden. „Sonst sucht sich jeder eine lukrative Nische, und es ergibt sich ein Flickenteppich“ – mit Löchern. Die KundInnen, die in solch einem Loch sitzen, haben dann Pech gehabt.

Eine starke Abstimmungsstelle zu schaffen, aber versäumen die Politiker in Bonn, kritisiert Kubicek. Während in den USA Hunderte von professionell ausgebildeten Regulierern versuchen, die verschiedenen Anbieter von Telefon, Kabel, Funk und Fernsehen zu koordinieren, sollen in Deutschland ein paar Berufspolitiker diese Aufgabe übernehmen. „Der Regulierungsrat, in dem einige Bundestagsabgeordnete und Leute aus den Länderministerien sitzen, ist ein Witz“, so Kubiceks unzweideutiges Urteil. Sie würden nur nach parteipolitischem Kalkül entscheiden und niemals das Interesse aller VerbraucherInnen im Kopf haben. Es sei ein großer Fehler, das Postmonopol aus der Hand zu geben, bevor nicht die Rechte und Pflichten der neuen Anbieter klar definiert seien. Annette Jensen

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