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Post: Neubau schon wieder veraltet

■ Paketumschlag soll aus dem neuen Postamt 5 ins Niedervieland ausgelagert werden

Nach fünf Jahren Bauzeit und einem Investitionsvolumen von rund 200 Millionen Mark ist das neue Postamt 5 An der Weide wenige Monate nach seiner Eröffnung schon wieder veraltet. Der gesamte Frachtbereich für Pakete soll aus den neuen Räumen wieder herausgerissen werden. Die Post plant jetzt ein neues Paket- Zentrum direkt neben dem Güterverkehrszentrum (GVZ) im Gewerbegebiet Niedervieland.

Auf etwa 100.000 Quadratmetern soll 1994 oder 1995 ein Frachtzentrum entstehen, das eine Kapazität von 200.000 Paketen täglich bewältigen kann. Für die Lieferbereiche Ostfriesland, Stade, Cuxhaven und Bassum soll der Paketverkehr in Zukunft ausschließlich mit LKW transportiert werden. „Alles, was weiter weg ist als 200 Kilometer, kommt aber auf die Schiene“, erklärte Postsprecher Karl-Heinz Antelmann gestern. Er erwartet am GVZ ein zusätzliches Verkehrsaufkommen von mehreren hundert LKW mehr pro Tag. Die zuständigen Beiräte Neustadt und Woltmershausen wurden bisher nicht gefragt.

Ist der Neubau An der Weide eine Fehlplanung? Antelmann räumte ein, daß das neue Frachtzentrum angesichts der Millioneninvestitionen in der Innenstadt „ein wenig merkwürdig“ aussehe. Der erneute Umzug ergebe sich aber aus einer Umstrukturierung des gesamten Frachtbetriebes der Bundespost. „Wir sind gegenüber privaten Unternehmen einfach nicht schnell genug.“ Die Post erwirtschafte in diesem Bereich jährlich ein Defizit von zwei Milliarden Mark.

Da das Unternehmen wirtschaftlich „nicht mehr in einem Naturschutzgebiet“ arbeite, müsse der Frachtweg rationalisiert werden. „Derzeit drehen wir jedes Paket vom Absender bis zum Adressaten durchschnittlich achtmal um, die Konkurrenz aber nur dreimal“, erklärt Antelmann den Branchenrückstand. Die Post halte nur noch 25 Prozent des bundesdeutschen Paketaufkommens, „und mit Ausbesserungsarbeiten an unserem Logistiksystem ist da einfach nichts mehr zu machen.“

Der Post schwant ein computergesteuertes „Sendungsverfolgungsverfahren“, bei dem die Päckchen mit einem label (Balkencode) versehen und automatisch sortiert werden können. Dazu soll die Tarifstruktur umgeschmissen werden: Derzeit buttert die Post bei leichten Paketen zu, und die schweren sind so teuer, daß die Konkurrenz sich ins Fäustchen lacht. Und die Technik des Postamtes 5 ist dafür nicht zu verwenden. Ganz umsonst sollen die Investitionen im Gebäude An der Weide aber nicht gewesen sein. Die neuen Geräte hätten sich als „Übergangslösung“ bewährt, erklärte der Postsprecher.

Derzeit sind von den 87.000 Quadratmetern im Postamt An der Weide etwa 15.000 für den Frachtumschlag belegt. Von den 1.300 Postlern beim Amt 5 werden etwa 250 ins Niedervieland versetzt. Der Wirtschaftsförderungsausschuß hat den Verkaufsplänen für das entsprechende Gebiet in der letzten Woche schon zugestimmt. „Wir rechnen mit einem baldigen Abschluß der Kaufverträge“, erklärte Karl-Heinz Antelmann. mad

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