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■ Grünes Hin und Her zur FusionPopulismus

Die Bündnisgrünen haben sich entschieden, nichts zu entscheiden. Vor der Volksabstimmung wird der Landesverband keine Empfehlung für oder gegen die Fusion abgeben. Statt dessen sollen nun die Argumente der Befürworter und Gegner „gleichberechtigt“ unter das Volk gestreut werden. Das klingt, als sei die Partei nichts anderes als ein Verein für politische Bildungsarbeit. Von diesem darf man Ausgewogenheit erwarten, von einer Partei aber das Bekenntnis zu zentralen Anliegen der Politik. Zu befürchten steht nun, daß die eigene Unentschlossenheit als demokratische Tugend verkauft wird. Dies würde Sinn machen, wenn sie Ergebnis eines innerparteilichen Prozesses gewesen wäre. Das Gegenteil aber war der Fall. Der Trauerakt vom Wochenende hatte ein ebenso trauriges Vorspiel. Bis auf wenige Ausnahmen nämlich blieben die Fusionsgegner bisher stumm. Warum wurde das bündnisgrüne Wahlprogramm mit über 90 Prozent der Stimmen verabschiedet, wo es sich doch zum neuen Land bekannte?

Auch der Verweis auf das Haushaltsloch kaschiert nur mühsam das eigene Versäumnis, sich des Themas angemessen zu widmen. Schon im Sommer hatten nämlich die grünen Haushaltsexperten das heutige Finanzdesaster annähernd exakt errechnet, ohne allerdings von ihrem Votum für die Fusion abzuweichen. Abgesehen von jenem Kern, der schon immer dagegen war, hat sich die Mehrheit nun vom Stimmungsumschwung in der Bevölkerung anstecken lassen. Statt Argumente verfangen jetzt Horrorszenarien vom allmächtigen Moloch Berlin, der Brandenburg in die Tiefe reißt. Bei anderen Parteien wird solch eine Haltung von den Bündnisgrünen gerne als Populismus gegeißelt. Severin Weiland

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