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Pop auf der Kippe

■ „Unicycleman“ in der Astra Stube

Einradfahrer. Das klingt nach Varieté und Spektakel, Erlebnis-gastronomie und dritten Fernsehprogrammen. Unter dem Namen Unicycleman hat unlängst eine Band aus Leipzig ein Album beim nicht eben kleinkunstverdächtigen Hamburger Traditions-Indielabel What's So Funny About veröffentlicht.

Peter Bauer, Hendrik Gundlach und Bert Röhner machen ansonsten Dinge wie Theatermusik oder vertonen Stummfilme; auf Guter Name, sowieso haben sie klopfenden Elektro-Pop zwischen offensiver Niedlichkeit und verkaterter Großstadtlarmoyanz ersonnen. Nicht unverwandt der Wortspielvernarrtheit von Krautrock oder zweifelhaften NDW-Slogans: „Über allem schwebt eine nie wirklich aufgelöste Grauzone zwischen abseitiger, professionell betriebener Naivität und ausgestellter Ironie“ (Spex). Von „Lebensweisheiten von Rick Astley“ und „poppigen Slogans von Friedrich Nietzsche“ schreibt die Band selbst. Oft spannend, zuweilen arg auf der Kippe, balancieren Unicycleman durch ihre Nummern: aus Kraftwerk-Sounds gelötete Songkleinode, Pet Shop Boys-Pomp und penetranter Humor, Jimmy-Sommerville-Camp und das kalte Grauen, Geniale Dilettanten und Disco – in einer Form freilich, heruntergekommener als die „Roxy Munich“-Entwürfe von Serientäter Giorgio Moroder, wie sie von F.S.K. oder den Merricks wiederentdeckt und im Munde geführt wurden.

Unicycleman sind gleichsam Recycler ohne Berührungsängste, und immer wieder ist ihr Mix aus eklektischer Buntheit und artschool-Spröde für ganz große Momente gut. Alexander Diehl

heute, 22 Uhr, Astra Stube; Guter Name, sowieso, What's So Funny About/Indigo 2001

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