piwik no script img

Polizisten gegen Volkszählung

■ Erstes Arbeitstreffen der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten/innen beendet / Dokumentation über Repressalien gegen Mitglieder geplant

Aus Bonn Oliver Tolmein Im Mittelpunkt der Arbeitstagung der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizisten/innen stand am Wochenende der Versuch, ein Selbstverständnis zu entwickeln. „Wir sind als Polizistinnen und Polizisten in erster Linie Bürgerinnen und Bürger! Daraus ergibt sich, daß wir Eingriffsbefugnisse des Staates nicht als Arbeitserleichterungen,sondern vor allem als Eingriffe in die Freiheit sehen“,heißt es deshalb in dem verabschiedeten Positionspapier. Selbstkritisch wird festgestellt, daß Gewalttätigkeiten auf Demonstrationen oft von der Polizei ausgingen. Das müsse verstärkt öffentlich gemacht werden. Die Arbeit der Polizei, die derzeit die Öffentlichkeit scheue wie der Teufel das Weihwasser, müsse transparent werden,forderte der grüne Bundestagsabegordnete und Polizeibeamte im einstweiligen Ruhestand, Thomas Wüppesahl. In den nächsten Wochen wollen die kritischen Polizisten, deren Bundesarbeitsgemeinschaft knapp neunzig Mitglieder hat, Landesverbände gründen. Als erstes soll dann eine Dokumentation über Repressalien von Vorgesetzten gegen einige Mitglieder zusammengestellt werden. Auf ihrem Treffen am Wochenende, das erste offizielle Arbeitstreffen der nach dem Hamburger Kessel 1986 ins Leben gerufenen Gruppe, wurde außerdem Stellung gegen die von der Koalition geplanten Strafrechtsverschärfungen und die bereits beschlossenen Staatsschutzgesetze bezogen: „Diese Gesetze dienen nach unserer Auffassung nicht der Bekämpfung des Terrorismus.Auch das geplante Zusammenarbeitsgesetz wurde kritisiert, weil es die „1945 aus bekannten Gründen vollzogene Trennung von Polizei und Verfassungsschutz“ wieder aufhebe. Der maschinenlesbare Personalausweis sei überflüssig. Auch die Volkszählung wird als „überflüssig und bedenklich“ eingestuft. Auf einen Boykottaufruf konnten sich die kritischen Ordnungshüter/innen allerdings nicht verständigen. Konsens war die Formulierung: „Sie sollte nicht durchgeführt werden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen