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standbildPolitische Direktheit

„Die Ingo Appelt Show“

(Do., 22.15 Uhr, ProSieben)

Strebsam hat sich Ingo Appelt einen äußerst schlechten Ruf erarbeitet, indem er bedenkenlos Pfuiwörter in den Mund nahm und in seinen Kabarettprogrammen nicht nur die Verfehlungen prominenter Medienpersönlichkeiten verulkte, sondern auch allerlei intime und zwischenmenschliche Verrichtungen zur Sprache brachte. Die forschen Auftritte aber haben Methode – mit seinen Grobheiten gewinnt Appelt ein Publikum, das beim traditionellen Kabarett gelangweilt abschaltet und dem er zwischen gepfefferten Ausfällen mit diabolischem Feixen gern bittere Wahrheiten serviert.

Mit dieser Methode ist Appelt zu einem der populärsten Komiker Deutschlands geworden. Die eigene Show war da nur eine Frage der Zeit. Nach einem Probelauf im Januar geht die „Ingo Appelt Show“ nunmehr mit 14 Folgen in Serie. Die erste Ausgabe blieb der Pilotfolge treu: Von Statisten und Balletteusen abgesehen, wagt Appelt den Alleingang – keine Gäste, keine Kollegen, nur ein Mann und sein Publikum. Dies ist säuberlich nach Männlein und Weiblein sortiert. Appelt tänzelt über den teilenden Laufsteg, charmiert hier, kokettiert dort, holt sich Zustimmung mal von dieser, mal von jener Seite, wobei das anhaltende hämische Grinsen in jedem Fall Uneigentlichkeit offenbart. Inhaltlich lässt er die Medienereignisse der jüngsten Zeit Revue passieren und liefert die obligaten Parodien auf Grönemeyer und den Unglücksraben Scharping. Appelt erteilt harte Seitenhiebe und schwere Tiefschläge, streut auch nach wie vor gelegentlich kleine Geschmacksverletzungen ein, wirkt aber, mit früheren Auftritten verglichen, nachgerade gebändigt. Schon nähert er sich der politischen Korrigierwut des Altkabaretts, wenn er eindeutig zu Lasten der Männer witzelt und sich buhlend um die Zustimmung des Frauenblocks bemüht. Eine unmissverständliche Ansage gab es in Richtung Rechtsradikale: Auch Skinheads bekamen Appelts verbalen Baseballschläger zu spüren und der demonstrative Beifall des Auditoriums widerspricht der Annahme, das Publikum des zeitgenössischen Kabaretts, vulgo Comedy, sei unpolitisch. Abzuwarten bleibt, ob Appelt mit seiner neuen politischen Direktheit sein angestammtes Gefolge zu halten vermag.

HARALD KELLER

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