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Politisch gestalten statt opponieren

Elisabeth Ziemer ist Schöneberger Bürgermeisterin. Als Baupolitikerin der grünen Abgeordnetenhausfraktion hat sie sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht  ■ Von Uwe Rada

Elisabeth Ziemer war noch nicht gewählt, da rieben sich einige Mitarbeiter der Schöneberger Bezirksverwaltung bereits die Hände. Wenn sie als neue Bürgermeisterin den Dienstwagen abschaffen wollte, teilten die Bezirksmitarbeiter der Grünen heimlich mit, hätte sie die Unterstützung auch aus dem Rathaus Schöneberg. Seit Mittwoch abend nun geht es dem Dienstwagen in Schöneberg an die Karosserie. Mit 27 Jastimmen, 15 Neinstimmen und einer Enthaltung wurde die bisherige baupolitische Sprecherin der grünen Abgeordnetenhausfraktion zur Schöneberger Bezirksbürgermeisterin gekürt.

Für die 43jährige ist das Bürgermeisteramt im Rathaus Schöneberg ein langgehegter Wunsch. Bereits zu den Kommunalwahlen 1992 hatte sich die ehemalige Bezirksverordnete Elisabeth Ziemer als Kandidatin der Grünen zur Wahl gestellt. Doch das Bürgermeisteramt blieb damals mit Uwe Saager in den Händen der SPD. Dem Verhältnis zwischen beiden Parteien tat dies allerdings keinen Abbruch.

Daß mit Elisabeth Ziemer nun erstmals eine Grüne die Nummer eins in Schöneberg wird, ist auch der langjährigen Zusammenarbeit zwischen Grünen und SPD geschuldet. Anders als in anderen Bezirken, wo es zwischen beiden Parteien immer wieder zu Verwürfnissen kam, galt Schöneberg schon lange als „Modell“ für eine rot-grüne Zusammenarbeit. Kein Wunder war es deshalb auch, daß Uwe Saager bereits einen Tag nach den letzten Kommunalwahlen den Grünen als zweitstärkster Partei den Bürgermeisterposten anbot. Das Bauamt dagegen, bisher von der Grünen Sabine Ritter geführt, geht mit Otto Edel nun an die SPD.

Elisabeth Ziemers Freude ist zugleich das Leid der bündnisgrünen Fraktion im Abgeordnetenhaus. Dort war es der promovierten Kunsthistorikerin und gelernten Restauratorin zunehmend gelungen, ihrer Partei baupolitisches Profil zu verschaffen. Insbesondere gegen die Hauruck-Privatisierungen städtischen Wohnraums hat Elisabeth Ziemer immer wieder protestiert. Ihre Entwicklung zur grünen Bauexpertin, deren Fachwissen auch während der rot- grünen Koalitionsverhandlungen in Sachsen-Anhalt gefragt war, hat sie freilich nicht davon abgehalten, mit der Basis immer wieder Kontakt zu halten. Aktionen von Betroffenen wie die Besetzung alliierter Wohnungen durch obdachlose Frauen oder die Mieter-Kampagne gegen die Immobilienspekulanten Stober und Kirchenbauer gehörten genauso zur Politik der Parteilinken wie die Kärrnerarbeit im Bauausschuß.

Daß mit dem Rückzug Ziemers und ihres „ewigen Kontrahenten“, Bausenator Nagel (SPD), aus der Baupolitik das Feld nun politischen Neulingen überlassen wird, stört die neue Bürgermeisterin freilich wenig. Statt sich an der Baupolitik des Senats abzuarbeiten und dabei immer wieder den kürzeren zu ziehen, freut sie sich nun vor allem darauf, „endlich einmal gestalten zu können“. Wo über die Abschaffung eines Dienstwagens hinaus in Schöneberg politischer Gestaltungsspielraum herrscht und was die grüne Bürgermeisterin unter einer bürgernahen Verwaltung versteht, wird man Elisabeth Ziemer dann in hundert Tagen fragen dürfen.

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