: Politiker fordern Schutz für die eigene Blöße
■ CDU denkt über eine Änderung des deutschen Presserechts nach
Freiburg (taz) – Die CDU will aus der tödlichen Pressejagd auf Lady Di Konsequenzen ziehen. „Hier wurden ethische Grenzen überschritten“, erklärte Peter Hintze, der CDU-Generalsekretär, „wir müssen auch rechtlich neu nachdenken.“ Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) findet das deutsche Recht dagegen „okay“. Änderungen seien nicht erforderlich.
Tatsächlich stehen in Deutschland zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, sich gegen abstoßende Pressemethoden zu wehren. So läge wohl ein klarer Fall von Nötigung vor, wenn eine Prominente Tag und Nacht von Paparazzi verfolgt würde. Notfalls könnte selbst die Polizei zu Hilfe gerufen werden. Auch gegen die Verbreitung unerwünschter Fotos aus ihrer Privatsphäre können Prominente vorgehen. Zwar dürfen sie als „Personen der Zeitgeschichte“ grundsätzlich fotografiert werden, jedoch können die Betroffenen das „Recht am eigenen Bild“ geltend machen, wenn private Dinge erkennbar geheimbleiben sollen. Ist der Abdruck bereits erfolgt, kann Schadenersatz wegen Verletzung des „Persönlichkeitsrechts“ verlangt werden.
40.000 Mark erhielt so die Fernsehmoderatorin Verona Feldbusch von der Neuen Revue. Das Schmuddelmagazin hatte von ihr ohne Zustimmung „Oben ohne“-Fotos abgedruckt. Für Deutschland eine Rekordsumme, im internationalen Vergleich jedoch wenig. Die US-Schauspielerin Joan Collins („Denver Clan“) soll in einem ähnlichen Fall von der Zeitschrift Globe 2,5 Millionen bekommen haben. Doch auch in Deutschland steigen die Tarife. So entschied 1995 der Bundesgerichtshof, daß Schadenersatz auch eine abschreckende Wirkung haben soll. Konkret ging es um ein frei erfundenes „Exklusiv-Interview“ mit Caroline von Monaco in der Bunte. Die 30.000 Mark des Hamburger Oberlandesgerichts erschienen dem BGH angesichts der Auflagensteigerung, die die Fälschung der Zeitschrift brachte, zuwenig. Am Ende mußte der Hamburger Bauer-Verlag 180.000 Mark zahlen.
Der CDU dürfte allerdings weniger um die bereits recht gutgeschützten Adelshäuser und Showstars gehen, sondern eher um skandalgeplagte PolitikerInnen. Nachdem Presserecherchen zum Sturz des baden-württembergischen Landesvaters Lothar Späth führten, hetzten die CDU massiv gegen den „Kampagnenjournalismus“ und nahmen die Forderung nach „Einschränkung der Medienmacht“ ins Grundsatzgramm auf.
Die Union steht an dieser Front nicht allein. Nachdem der saarländische Ministerpräsident und jetzige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine allzuoft mit dem Saarbrücker Rotlichtviertel in Verbindung gebracht worden war, änderte er kurzerhand das Landespressegesetz. Gegen die bundesweite einmalige „Stärkung des Gegendarstellungsrechts“ wurden aber bereits mehrere Verfassungsbeschwerden eingereicht. Christian Rath
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