: Polen gibt bei Westgrenze nach
■ Anerkennung der Westgrenze nun nicht vor, sondern auch „im Moment der Wiedervereinigung“ machbar
Warschau/Bonn/Berlin (afp/ap) - Polen ist von seiner Forderung nach der Paraphierung eines Grenzanerkennungsvertrages noch vor der deutschen Wiedervereinigung abgerückt. Warschau bestehe allerdings weiterhin auf der Unterzeichnung eines Vertrages zur Anerkennung der polnischen Westgrenze „im Moment der Wiedervereinigung“, erklärte der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Wladislaw Klaczynski, am Mittwoch gegenüber afp. Er fügte hinzu, daß sich Polen nicht mit der „politischen Erklärung“ begnügen werde, die heute im Bundestag verabschiedet werden wird. „Wir wollen, daß die Frage der polnisch-deutschen Grenze in einem internationalen juristischen Akt geklärt wird“, betonte Klaczynski. Aus gut informierter Quelle wurde außerdem bekannt, daß Warschau Wert auf eine Änderung des Grundgesetzes legt, vor allem des Artikels 23, nach dem Teile Deutschlands der Verfassung der BRD beitreten können. Diese Regelung erlaubt es neben den Ländern der DDR theoretisch auch den deutschen Minderheiten in Schlesien, Pommern und Ostpreußen, den Beitritt ihrer in Polen gelegenen Gebiete zum Grundgesetz zu erklären.
Zu Beginn der ganztägigen Bundestagsdebatte wird Bundeskanzler Helmut Kohl eine Regierungserklärung abgeben. Anschließend berichtet Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth über die Arbeit des Ausschusses Deutsche Einheit. Nach einer Debattenrunde über die polnische Westgrenze beginnt die allgemeine Aussprache über den Staatsvertrag. Anschließend finden insgesamt fünf namentliche Abstimmungen statt. Am Freitag will der Bundesrat den Staatsvertrag beraten.
Das Präsidium der Volkskammer wollte die Tagesordnung für Donnerstag erst gestern abend festlegen. Einem Parlamentssprecher zufolge stand nur fest, daß heute über den Staatsvertrag und die Grenzerklärung debattiert wird. Es sei nicht auszuschließen, daß die Abstimmungen erst am Freitag laufen, „auf keinen Fall aber vor der Entscheidung des Bundestages“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen