piwik no script img

Archiv-Artikel

Pofalla will künftig nicht mehr auf die Fresse geben

CDU Der Kanzleramtsminister entschuldigt sich bei dem Parteifreund und Euro-Abweichler Bosbach

An der Parteibasis haben sich die Gemüter noch nicht beruhigt

BERLIN dapd | Nach der Verbalattacke von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla gegen den Euro-Abweichler Wolfgang Bosbach müht sich die CDU-Führung um eine Beruhigung der Gemüter in der Partei. Pofalla entschuldigte sich öffentlich für seine Entgleisung. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs und Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze (beide CDU) forderten ein Ende der Debatte.

Der CDU-Innenexperte Bosbach gehört zu den zehn Unions-Abgeordneten, die in der vergangenen Woche im Bundestag nicht für die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF gestimmt haben. Medienberichten zufolge hatte Pofalla seinen Parteikollegen Bosbach vor der Abstimmung mit Sätzen wie „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“ attackiert.

Pofalla entschuldigte sich am Tag danach bei seinem Parteikollegen. Bosbach erklärte die Sache daraufhin für erledigt. Nun zeigte Pofalla auch öffentlich Reue. Der Bild-Zeitung sagte der Kanzleramtschef: „Ich ärgere mich selbst sehr über das, was vorgefallen ist, und es tut mir außerordentlich leid.“

Wirtschaftsstaatssekretär Hintze wertete die Diskussion über Pofallas Wutausbruch als überzogen und mahnte im Deutschlandfunk, „die Sache für abgeschlossen zu erklären“. Auch Unions-Fraktionsvize Fuchs riet dazu, den Vorfall nun auf sich bewenden zu lassen. Pofalla sei „ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen“, sagte er dem Südwestrundfunk. „Aber das darf man auch nicht überbewerten.“

An der Basis haben sich die Gemüter aber offenkundig noch nicht beruhigt. Der niedersächsische CDU-Politiker Frank Oesterhelweg bezeichnete Pofallas Äußerungen als „Frechheit“ und verlangte, „in der Unions-Spitze personelle Veränderungen vorzunehmen“. Um das Erscheinungsbild der Union stehe es schlecht. „Viel zu lange haben wir als Basis dieses Trauerspiel hingenommen“, beklagte er, „wenn jetzt nicht bald aufgeräumt wird, dann laufen uns Mitglieder und Wähler in Scharen davon.“

Die Berliner Zeitung zitierte einen namentlich nicht erwähnten führenden Koalitionspolitiker, Pofalla sei in seinem Amt überfordert und wegen seiner cholerischen Art nicht geeignet. Er sei „der schlechteste Kanzleramtschef aller Zeiten“.

Gesellschaft + Kultur SEITE 14