■ Querspalte: Pleiten, Pech und Pizza
So ein Job als Geheimdienstkoordinator ist wahrlich nicht leicht. Bernd Schmidbauer soll nicht nur die deutschen Spione koordinieren und als Troubleshooter des Kanzlers schwierige Fälle lösen. 008 soll sich auch noch selbst kontrollieren. Und dabei wird der gute Mann auch noch von Pleiten, Pech und Pannen verfolgt.
Erst geriet der Topspion des Kanzlers durch den inszenierten Plutoniumschmuggel aus Rußland ins Straucheln. Dann wurde Werner Mauss in Kolumbien verhaftet und der Geheimdienstkoordinator deshalb vor den Bundestag zitiert. Und jetzt auch noch das: Letzte Woche, berichtet AFP, traf sich Schmidbauer in einer Bonner Pizzeria mit dem russischen Botschaftsrat Wladimir Roschkow und dem Vizechef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Alexej Schtscherbakow. Doch das Arbeitsessen entwickelte sich zur Mahlzeit mit tödlichem Ausgang. Denn der russische Botschaftsrat – Gott hab ihn selig – brach nach dem Essen in seinem Hotelzimmer tot zusammen.
Armer Schmidbauer: Jetzt werden seine innenpolitischen Gegner das harmlose Abendmahl zur „Pizza-Affäre“ aufbauschen. Krakeeler der Opposition werden ihn im Pizza-Untersuchungsausschuß über seine Eßgewohnheiten befragen. Während finstere Mächte die Bundesrepublik bedrohen, muß sich Schmidbauer mit Fragen rumschlagen wie „Wußte der Kanzler von der Quattro Stagione?“ „Wurde die dritte Flasche Chianti mit Steuergeldern bezahlt?“
Schlimmer noch: Niemand wird jetzt mit Schmidbauer essen gehen wollen. Ein CIA-Agent hat bereits ein Treffen in einem Chinarestaurant platzen lassen. Aus Geheimdienstkreisen wurde kolportiert, daß sogar in der Kantine des Kanzleramtes jetzt immer ein ganzer Tisch frei wird, wenn der Geheimdienstkoordinator dort auftaucht. Nur die Russen drängen jetzt auf eine Revanche mit Schmidbauer in einem Moskauer Spezialitätenlokal. Wird sich bald ein Untersuchungsausschuß mit der „Operation Stroganoff“ befassen müssen? Sven Hansen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen