: Platz für Pioniere
Für das Ruhrgebiet gibt es nur eine Zukunft. Uns. Alle. Die erste Titelseite der taznrw ruhr gehört den neuen GründerInnen im Revier, den Unentwegten und den NeubürgerInnen
VON CHRISTOPH SCHURIAN
Was den Leuten am Ruhrgebiet gefällt? Die Menschen, sagen sie dann, ihre Herzlichkeit, das Kumpelhafte. Doch die Menschen sind das Problem dieser großen Region: Sie lassen das Ruhrgebiet allein.
Junge Familien bauen ihre Eigenheime in den Speckgürteln, außerhalb des Gebietes, in Borken oder Haltern. Junge Fachleute, Kreative zieht es dorthin, wo Arbeit ist und die Chancen größer. Kurzum: Wie das Ruhrgebiet einst entstanden ist, könnte es bald wieder verschwinden. Muss das so sein?
Rückblende: Vor 25 Jahren war wenig besser und vieles schlechter. Die Zechen starben, die Stahlkrise warf ihren Schatten voraus - und doch rührte sich etwas. Fabriken wurden besetzt, Kulturzentren entstanden, Zechensiedlungen wurden gerettet, aus Subkulturen wurden Unternehmen. Von unten entstand das neue Selbstbewusstsein für den Ruhrpott, seine Eigenart und seine Schönheiten.
Von unten geschah seitdem nur wenig. Die europäischen Fördermilliarden flossen von oben ins Gebiet. Bund, Land und Städte versuchten sich am Strukturwandel. Und es entstanden die Leuchttürme wie die Zeche Zollverein, das Weltkulturerbe. Doch schon auf der gegenüber liegenden Straßenseite in Katernberg ist das Casino Zollverein ein geleckter Fremdkörper. Die Strukturschwäche, die Arbeitslosigkeit, der Arbeitsmangel blieben.
Was wir brauchen? Eigensinn. Wie vor 25 Jahren. Menschen, die bleiben. Einwanderer, die Läden aufmachen. Junge Leute, die ihre Kneipen, Kinos, Firmen gründen. Bürgerversammlungen.
Und es gibt sie schon: Auf der ersten Titelseite der taznrw ruhr haben die neuen RevierbürgerInnen ihren Platz bekommen. Ihre Ideen und Initiativen sind wie die Birken auf Zechenhalden.
Auch die taznrw ruhr ist eine Pionierpflanze. Erste Versuche gab es vor 25 Jahren - im alternativen Aufbruch. Seit 1998 erschien die wöchentliche taz ruhr. Und mit dem heutigen Tag gibt es die taznrw an jedem Werktag: Auch wir sind ein Lebenszeichen. Von unten.