: Plastikgeld en masse
■ Der Kalifornier Walter Cavanagh vefügt über ein Kreditvolumen von über 2,7 Millionen Mark
Wenn Walter Cavanagh seinen weißen Trenchcoat aufschlägt, bekommen Umstehende große Augen. Cavanagh ist Kreditkarten -Exhibitionist. Rund 400 Kreditkarten trägt er im Innenfutter seines Mantels. „Es macht Spaß, damit einkaufen zu gehen“, schmunzelt er.
Der 54jährige Kalifornier hält den Kreditkarten-Weltrekord. 1.199 Kreditkarten hat er bis gestern gesammelt, nun kommt noch eine hinzu, die des Berliner Penta-Hotels. Damit verfügt Cavanagh über ein Kreditvolumen von über 2,7 Millionen Mark. Schöpft er das auch aus? Der 54jährige Investmentberater lacht. Er bezahle jede Rechnung sofort, er sei „der perfekte Kreditkartenkunde“. Ernst fügt er hinzu, daß sich viele Menschen durch die Kreditkartenflut überschulden.
Die Karriere des Kreditkartenfreaks, der mit seiner Sammlung mittlerweile sogar im Guiness-Buch der Rekorde steht, begann 1971 mit einer Wette unter Freunden. Sie wollten sehen, wer die meisten Kreditkarten zusammenbrächte. Cavanagh entpuppte sich schnell als der begabteste Sammler. Das bemerkenswerteste Stück in Cavanaghs Kollektion ist aus echtem Sterling Silber. Ausgegeben wurde die Karte von einem Casino in Reno. Cavanagh hat dort uneingeschränkt Kredit, genutzt hat er ihn aber noch nie. „Ich bin kein Spieler.“ Dafür aber ein um so leidenschaftlicherer Sammler. Rund 10.000 Kreditkarten seien zur Zeit auf dem amerikanischen Markt, sagt er. „Und ich will sie alle haben.“
Schwierigkeiten, eine Karte zu bekommen, hat er noch nie gehabt. Da er die Plastikkarten kaum nutzt, ist seine Bonität hervorragend. Nur einmal kam die Rückfrage eines Gaswerks, das 3.000 Meilen von seinem Wohnort Santa Clara entfernt liegt. Was er denn mit ihrer Karte wolle? Er sei doch gar nicht in der Lage, sie zu verwenden! Als Cavanagh den mißtrauischen Sachbearbeiter über seine Sammelwütigkeit aufklärte, bekam er die Karte jedoch postwendend zugeschickt.
Daß der Kreditkarten-Weltrekordler seine Sammlung in Berlin präsentierte, war ein geschickter Werbecoup eines Verlages. Der hat ein Kreditkartenhandbuch A la card herausgebracht, in dem 150 Karten vorgestellt und verglichen werden. Nach Meinung der Autoren hat der Plastikgeld-Boom mittlerweile solche Ausmaße angenommen, daß ein Führer durch den Kartendschungel unerläßlich ist.
chris
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