: Plakate richtig lesen
■ Betr.: „Rot und Weiß“ von Manfred Dworschak taz vom 27.10.
Du lieber Dwortschallk, ich gestehe: wir haben es gemacht, das rot-weisse Theaterplakat. Es muss das Kunststück fertigbringen, 12 Theater bzw. Spielstätten mit ihren Programmen über die Zeit von 14 Tagen anzukündigen und dennoch plakativ zu sein. Daß Sie es überhaupt gesehen haben, in der Flut, ist schon ein gutes Zeichen. Denn Plakate sollen ja Zeichen setzen in der Informationsflut. Daß Sie es auch wahrgenommen haben, im Sinne von Aufnehmen, ist auch nicht schlecht. Daß Sie uns hochgenommen haben mit Ihrer Behauptung: außer Headline nichts gewesen, spricht weniger gegen das Plakat als gegen Ihre Kenntnisse von Plakaten und deren Lesen. Schon mal was von erstem und zweitem Leseschritt gehört/ gelesen? Zuerst signalisieren/ interessieren (das hat bei Ihnen ja wohl geklappt), dann im zweiten Leseschritt (bitte nähertreten) vertiefen=lesen. Daß solche Beispiele längst (Plakat-) Geschichte gemacht haben, beweisen die Großflächenplakate zum neuen Telefon-Zeittakt, die vor Jahren ellenlange Textpassagen (aus der Bibel und anderswoher) zeigten, um am Ende zu sagen:“Sehen Sie, so viel kann man in 3 Minuten sagen.“ Unser Plakat hat andere Schwächen: seine gute Wiedererkennbarkeit führt dazu, daß man beim Wieder-Sehen meint, es bereits gesehen zu haben — also nicht mehr hinschaut. Aus diesem Grund sollten die Farben wechseln: grün-weiss(!), blau-weiss(!), etc. Eine andere Schwachstelle ist das Honorar: wie so oft bei öffentlichen Aufträgen wird ein Porsche an Qualitätsanforderung verlangt und eine Ente bezahlt. Aber das ist ein Thema für sich: das Elend des bremischen öffentlichen Design-Bewußtseins.
Eckhard Jung von der Design-Gruppe
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