■ On the road: Geschichte in Straßennamen (1): Pißrinne mit Stil
Kopfsteinpflaster, Straßenbahnschienen, Radwege und Bürgersteig; ein paar Läden, Kneipen und Wohnhäuser. Altbremer Häuser größtenteils, durchsetzt mit Nachkriegsbauten. Gehöriger Verkehrslärm von Anfang (Rembertistraße) bis Ende (Sielwall). Wo derzeit aus vorbeifahrenden Cabrios Tekkno-Klänge dröhnen, war früher ein stinkiger Landwehrgraben, statt „Tengelmann“ und „taz“ Bollwerke und Palisaden – militärische Befestigungen.
Der Graben bekam Frischwasser aus der Weser, mündete an der Schleifmühle (vgl. „Außer der Schleifmühle“) in den Kuhgraben und verhunzte die Kleine Wümme mit Abwasser. Verursacht durch das geringe Gefälle, stagnierte die Brühe gern im Dobbengraben. So kam der zu seinem Namen: „Dobben“; das sagen die Niederdeutschen, wenn sie „weiches Gelände am Sumpfrand“ meinen.
Solange nur Gemüsegärtnereien um den Dobben niedergelassen waren, störte sich kaum einer an den Ausdünstungen des Grabens. Landluft tut gut, hat man wohl euphemistisch gesagt. Mit zunehmender Ansiedlung und entsprechenden Ausdünstungen wurde dann ein unterirdischer Abwasserkanal nötig und 1859 auch gebaut. Gleichzeitig wurde der Dobbengraben zugeschüttet; Am Dobben, Sielwall und Parkallee (früher übrigens Franco- und F.D.-Roosevelt-Allee) entstanden. 15 Häuser standen am Dobben, als der noch eine schmutzige Brake war und die Umgebung ländlich, 1870 waren es bereits 126 „überwiegend große, von Wohlhabenheit zeugende Gebäude“, wie der Stadthistoriker Rudolf Schuster belegt.
Stattlich war die Straße Am Dobben jener Tage, und ihre Bewohner (jetzt ließen sich die „besseren“ Kreise nieder) stellten den Antrag, deren Namen in „Esplanade“ umzuwandeln. Doch von solcher Hoffahrt wollte der Senat nichts wissen – und lehnte ab.
mu/Foto: Karsten Joost
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