: Pisa oberflächlich gelesen
GEW warnt vor chaotischem Schulstart. Nach schlechtem Abschneiden Hamburgs bei Pisa-Studie sollten die Schwachen gefördert und die Hauptschule abgeschafft werden
Das Chaos ums Büchergeld in den Sommerferien lasse „nichts Gutes für das neue Schuljahr erwarten“, erklärte gestern Hamburgs GEW-Vorsitzender Klaus Bullan. Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) agiere „wie ein Elefant im Porzellanladen“. Es sei zu befürchten, so sein Stellvertreter Klaus Koch, dass „Eltern es nicht einsehen, die Gebühr zu bezahlen, und Schüler ohne Bücher dastehen werden“.
Zwar sollten eigentlich für alle Schüler Bücher vorhanden sein. Eine Umfrage unter 20 Schulleitern habe aber ergeben, dass die Hälfte mit einer „Deckungslücke“ rechnet, weil gar nicht alle Eltern auf die Bestelllisten reagierten. Koch: „Wenn man den Kindern am Anfang keine Orientierung geben kann, ist der Start ins Schuljahr nicht optimal.“
Die Pressekonferenz der GEW zum neuen Schuljahr hatte ihren Schwerpunkt jedoch bei Pisa. Er wundere sich, sagte Hochschuldozent Koch, „mit welcher Gelassenheit die Bildungsbehörde auf die Ergebnisse eingeht“. Da die Viertklässler bei den Grundschulstudien KESS und IGLU gut abschnitten, stelle sich eindeutig die Frage der „Effizienz des Sekundarschulwesens“. Die aber packe die CDU nicht an.
Bullan bezeichnete die Tatsache, dass Hamburg im Fach Mathematik auf dem vorletzten Platz aller Bundesländer landete, als „oberflächliches Mittelwertsranking“, das zu Wahlkampfzwecken vorab veröffentlicht wurde. Zentrales Ergebnis der Studie sei, dass in der Hansestadt die Schulleistungen ganz besonders von der sozialen Herkunft abhingen und die Streuung zwischen Starken und Schwachen besonders hoch sei.
Dringend erforderlich, so Bullan, sei aus Sicht der GEW hier Abhilfe zu schaffen und die leistungsschwächeren Schüler so zu fördern, dass sich die Koppelung von Schulerfolg und sozialer Herkunft „schrittweise auflöst“. Doch davon, so Bullan mit Verweis auf die Kürzung von 160 Lehrerstellen bei der Sprachförderung und die Einführung von Vorschulgebühren, sei „in Hamburg nichts zu spüren“.
Neben kleineren Klassen und mehr Teilungsstunden zum individualisierten Lernen fordert die GEW deshalb auch die Abschaffung der Hauptschule. Denn diese sei in Hamburg eine „Restschule“ geworden, deren Abschluss nicht mal zu einer Ausbildung führe, wie die traurigen Beispiele ganzer Klassen ohne Lehrstelle bewiesen.
Alarmierend sei deshalb auch die Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit um 3.500 Menschen (44 Prozent) in diesem Jahr, weshalb die Bekämpfung der Ausbildungsplatznot „absoluter Schwerpunkt“ werden müsse. Ein Ansatz sei die Schaffung vollqualifizierender Ausbildungsgänge und deren Anerkennung durch die Kammern. Ein Vorschlag, den auch Dinges-Dierig bereits vor einem Jahr gemacht hatte. Die Handelskammer jedoch lehnte ab. Kaija Kutter