Piraten trudeln wegen NS-Vergleichen: Delius lässt Shitstorm aufziehen
Fraktionsgeschäftsführer Martin Delius befeuert mit NSDAP-Vergleich die Rechtsaußen-Debatte seiner Partei und zieht Kandidatur zum Bundesvorstand zurück.
Jetzt auch Martin Delius. Der Aufstieg seiner Partei, vermeldete der Berliner Piraten-Fraktionsgeschäftsführer im Spiegel, verlaufe „so rasant wie der der NSDAP zwischen 1928 und 1933“. Das bescherte Delius am Sonntag nicht nur einen kräftigen Twitter-Shitstorm – es befeuerte auch die Diskussion, wie rechtsoffen die Partei ist.
Der Vergleich sei „unhaltbar und bescheuert“, bedauerte Delius seine Äußerung umgehend. Er habe keinesfalls eine inhaltliche Parallele ziehen, sondern nur das „beispiellose Wachstum“ seiner Partei klarmachen wollen. Ausgangspunkt sei ein Appell gewesen, die Beteiligungskultur der Piraten auch bei wachsender Größe nicht zu gefährden. Noch am Sonntag zog Delius seine Kandidatur für den Bundesvorstand zurück, der am Wochenende auf einem Parteitag neu gewählt wird. „Ich möchte die Partei nicht belasten“, so Delius.
Der 27-Jährige, eigentlich ein besonnener Parteiorganisator, hatte sich zuvor stets für eine klare Abgrenzung von rechtsextremen Mitgliedern ausgesprochen. Auch Fraktionschef Andreas Baum betonte das langjährige Engagement Delius‘ gegen Neonazis. In der Fraktion genieße dieser weiter das Vertrauen. „Sein Zitat ist aber völlig daneben.“ Von einer Krise seiner Partei wollte Baum nicht sprechen: „Die Einsicht in unsere Fehler ist ja da.“
Zuletzt war auch Piraten-Landeschef Hartmut Semken in die Kritik geraten, weil er Neonazi-Gegner in seiner Partei als das eigentliche „Naziproblem“ bezeichnet hatte. Auch Semken wartete dabei mit einem NS-Vergleich auf: „Die letzte Partei“, schrieb er auf seinem Blog, „die mit ’diese Leute da, gegen die müssen wir vorgehen‘ einen Riesenerfolg erzielt hat, in Deutschland, das ist m.E. die NSDAP“.
Einen Rücktritt wie etwa vom Abgeordneten Oliver Höfinghoff gefordert lehnt Semken vorerst ab. Auch der Landesvorstand stellte sich hinter den 45-Jährigen. Dass die Piraten Rechtsextremismus ablehnten sei „selbstverständlich“, heißt es in einer Mitteilung. Die Partei will nun Ende Mai eine Konferenz veranstalten, auf der mit Mitgliedern und Experten über den Umgang mit Rechtsextremismus diskutiert werden soll.
Der CDU geht das nicht weit genug. Generalsekretär Kai Wegner sagte, die Vergleiche von Delius und Semken seien „absurd und unsäglich“. Die Piraten müssten klären, ob beide in ihren Funktionen noch tragbar sein. "Die Partei ist offensichtlich mit ihrer parlamentarischen Rolle überfordert." Grünen-Landeschef Daniel Wesener nannte Semkens Äußerung ein fatales Signal für zivilgesellschaftliches Engagement gegen rechts. Delius nahm er in Schutz. Dessen Vergleich sei "sehr missglückt". Delius aber unter "Rechtsverdacht" zu stellen sei abwegig, da dieser sich immer klar positioniert habe, so Wesener. Es sei zu begrüßen, dass die Piraten ihr Problem erkennen und mit der Konferenz angingen.
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