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Pflegeversicherung

■ Verhandlungsangebot Biedenkopfs im Pflege-Streit / 2. Anlauf für Kompromiß

Bonn (taz) – Der Vermittlungsausschuß zwischen Bund und Ländern ist gestern auch im zweiten Anlauf zu einem Kompromiß bei der Pflegeversicherung nicht wesentlich weiter gekommen. Die Verhandlungen wurden auf den kommenden Dienstag vertagt. Optimistisch waren die Unterhändler ohnehin nicht gewesen.

Der Ausschuß-Vorsitzende Heribert Blens (CDU) hatte zuvor auf einen neuen Vorschlag des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) verwiesen, den dieser per Brief an SPD- Chef Rudolf Scharping übermittelt hatte. Zur strittigen Frage der Kostenkompensation für den Arbeitgeberanteil am Pflegeversicherungsbeitrag schlägt Biedenkopf vor, daß den Arbeitnehmern der Arbeitgeberbeitragsanteil nach individueller Entscheidung bei der Lohnfortzahlung an Feiertagen oder bei der Urlaubsbezahlung abgezogen werden kann, sofern er den Beitrag nicht komplett selbst zahlt. Damit wäre die Gefahr einer Überkompensation der Kosten ausgeschaltet. Als Überkompensation kritisiert die SPD die Abschaffung von zwei Feiertagen, die insbesondere die FDP fordert.

Die SPD hat ihren Vorschlag wiederholt, zunächst einen Feiertag zu streichen und in einer Klausel festzuhalten, daß 1996 geprüft werden muß, „ob die finanzielle Kompensation des Arbeitgeberanteils bei Einführung der stationären Pflege erhöht werden muß“. Zusätzlich bietet die SPD an, sofort einen weiteren Feiertag, etwa den Buß- und Bettag, vom Mittwoch auf den Freitag zu legen. Die Einbußen der Arbeitgeber wären geringer, weil freitags kürzer gearbeitet wird.

Den Biedenkopf-Vorschlag, den sich die Vertreter der Regierungsseite zu eigen gemacht haben, kritisierte SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler, weil er nach wie vor in die Tarifautonomie eingreife. Der Verzicht darauf ist Essential der SPD. Biedenkopf hatte hingegen in seinem Brief gemeint: „Die individuelle Kompensation hätte zudem den Vorzug, daß mit ihr nicht in die Tarifautonomie eingegriffen würde.“ tib

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