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Peters Krone für Bremens Image

■ Direktor des Überseemuseums holt viel russisches Gold für viel Bremer Geld ins Überseemuseum / Senat läßt sich die Standortwerbung mit Kultur 1,7 Millionen kosten / Kommt Raissa Gorbatschow?

Davon hat Herbert Ganslmayr, Direktor des Bremer Überseemuseums, lange geträumt: von Juni an wird für zwei Monate die Ausstellung „Gold aus dem Kreml“ im Bremer Überseemuseum zu sehen sein. Nicht etwa ein paar Taler, sondern 85 Objekte russischer Goldschmiedekunst, verziert mit Edelsteinen und Diamanten. Fast alle dieser Exponate haben den Kreml nie zuvor verlassen. „Diese Ausstellung soll einem großen Publikum einen tiefen Einblick in Kultur und Kunst Rußlands ermöglichen“, ließ Bürgermeister Klaus Wedemeier aus dem Rathaus verlautbaren.

Ganslmayr ist bereits seit mehr als einem Jahr mit sowjetischen Stellen im Gespräch gewesen, um die Ausstellung nach Bremen zu holen. Doch die Sowjets gaben sich zurückhaltend. Und so war Ganslmayr davon ausgegangen, daß die Schmuckstücke, wenn überhaupt, erst im Jahre 1990 in Bremen gezeigt werden. Doch plötzlich schwenkte das Direktorium des Kreml-Museums um. Denn im Juni kommt der sowjetische Staats-und Parteichef Michail Gorbatschow in die Bundesrepublik, für die Sowjets offenbar Anlaß, zeitgleich eine Ausstellung in die Bundesrepublik zu geben, die in dieser Form noch nir

gendwo zu besichtigen wahr.

Ein Blick auf den Versicherungswert der angebotenen Objekte macht die Dimension klar: Auf 103 Millionen Mark wird der Wert geschätzt. Da das Land Bremen die Versicherungssumme sparen will, geht der Senat einen anderen Weg. Er hat für die Aus

stellungsdauer eine Bürgschaft bis zur Höhe des Ausstellungswertes von 110 Millionen Mark übernommen. Sollte es leidenschaftlichen Goldsammlern gelingen, Teile der Ausstellung zu stiebitzen, müßte deren Wert aus dem Landeshaushalt erstattet werden.

„Es muß nur noch saubergemacht werden“, meint Museumschef Ganslmayr, der überzeugt ist, daß das Gold im Museum ausreichend gesichert ist. Bauliche Veränderungen jedenfalls sind nicht vorgesehen. Allerdings wird die Polizei des Nachts vor der Tür des Museums vermehrt

Wache schieben müssen.

Der Senat hat für die Organisation der Ausstellung maximal 1,7 Millionen Mark bereitgestellt. Eine halbe Millionen bekommen die Sowjets für das Überlassen der wertvollen Schätze aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Außerdem muß der Katalog zur Ausstelung finanziert und eine Crew angeheuert werden, die die Ausstellung betreut. Das kann das Überseemuseum mit seiner knappen Personaldecke nicht übernehmen. Der Senat hofft allerdings, daß er seine Standortwerbung mit altrussischem Kulturgut letztendlich kostenneutral über die Bühne bekommt. Die Drittmittel-und Sponsorenwerber suchen bereits eifrig nach Kapitalgebern. Und was dann noch fehlt, soll über Eintrittsgelder und den Verkauf der Kataloge eingenommen werden.

Eine nachhaltige Stärkung des Ansehens und des Images Bremens erhofft sich Bürgermeister Klaus Wedemeier von dem russischen Gold. Und im Rathaus wünscht man, daß wegen der Gorbatschow-Visite noch mehr Glanz in der Hansestadt schimmert. Anläßlich der Eröffnung erhofft man den Besuch von Raissa Gorbatschow in Bremen.

hbk

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