Proteste in Peru: Präsidentin für Neuwahlen

Nach landesweiten Kundgebungen spricht sich die erst kürzlich vereidigte Präsidentin für Neuwahlen aus. Zwei Menschen sterben bei den Protesten.

Menschen fliehen vor Tränengas

Tränengas: Nach der Amtsenthebung des Präsidenten in Peru gab es Proteste in mehreren Städten, darunter Lima Foto: Lucas Aguayo Araos/dpa

LIMA afp | Nach landesweiten Protesten mit zwei Toten hat sich Perus Präsidentin für vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen. Sie werde dem Parlament einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem die Parlamentswahlen von 2026 auf April 2024 vorgezogen würden, sagte die erst kürzlich vereidigte Präsidentin Dina Boluarte in einer Fernsehansprache am Sonntag.

Zuvor waren in Städten im ganzen Land tausende Menschen auf die Straße gegangen und hatten Boluartes Rücktritt und Neuwahlen gefordert. In der südperuanischen Stadt Andahuaylas wurden dabei zwei Menschen getötet und mindestens fünf weitere verletzt. Ausgelöst wurden die Proteste durch einen turbulenten Machtwechsel an der Spitze Perus vergangene Woche.

Der bisherige Präsident Pedro Castillo war am Mittwoch vom peruanischen Parlament wegen „moralischer Unfähigkeit“ des Amtes enthoben und später festgenommen worden. Seine bisherige Stellvertreterin Boluarte wurde kurz darauf als seine Nachfolgerin vereidigt.

Sie habe „den Willen der Bevölkerung“ verstanden und beschlossen, „die Initiative zu ergreifen“, sagte Boluarte in ihrer Fernsehansprache. Sie kündigte zudem die Verhängung des Ausnahmezustands in den am stärksten von den Protesten betroffenen Gebieten an, um die „öffentliche Ordnung wiederherzustellen“.

Zusammenstöße mit Polizei

Die Forderung nach Neuwahlen ging mit einer überwältigenden Ablehnung des Kongresses einher: Umfragen vom November zufolge sind 86 Prozent der Peruaner mit dem Parlament nicht einverstanden.

Unter anderem in Cajamarca, Arequipa, Andahuaylas, Tacna, Cusco und Puno hatten zahlreiche Demonstranten am Wochenende Boluartes Rücktritt gefordert. Sie verlangten Castillos Freilassung, der sich seit Donnerstag in Untersuchungshaft befindet, und drohten einen landesweiten Streik an.

In Andahuaylas in Boluartes Heimatregion Apurimac kam es im Zuge der Proteste zu Zusammenstößen. Dort griffen Demonstranten Polizisten mit Steinen an und stürmten den Flughafen. Die Einsatzkräfte feuerten Tränengas ab. Am Samstag waren in der Stadt bei Protesten bereits 16 Zivilisten und 4 Polizisten verletzt worden. In Huancabamba, einer weiteren Stadt in Apurimac, wurde laut dem Radiosender RPP eine Polizeidienststelle in Brand gesetzt.

In der Hauptstadt Lima demonstrierten zwischen 1.000 und 2.000 Menschen vor dem Kongress und riefen: „Castillo, du bist nicht allein, das Volk steht hinter dir!“ Eine außerordentliche Sitzung im Kongress zur Lage im Land war am Sonntagabend nach Handgreiflichkeiten unterbrochen worden. In Onlinediensten veröffentlichte Bilder zeigten, wie ein Mann einem anderen von hinten einen Fausthieb verpasst und es zu Gedränge kommt.

Castillo in Untersuchungshaft

Innenminister César Cervantes hatte die Bevölkerung im Radiosender RPP zur Ruhe aufgerufen. „Kein Peruaner sollte sein Leben für politische Interessen opfern müssen“, schrieb auch Boluarte im Onlinedienst Twitter. „Ich rufe erneut zum Dialog und zum Verzicht auf Gewalt auf.“

Castillo war im Juli 2021 als politischer Außenseiter an die Staatsspitze gewählt worden. Seitdem befand sich der 53-Jährige in einem ständigen Machtkampf mit dem konservativ dominierten Kongress. Dieser hatte bereits zweimal vergeblich versucht, ihn wegen „moralischer Unfähigkeit“ des Amts zu entheben.

Nach Castillos Absetzung erklärte der Oberste Gerichtshof des Landes am Donnerstag, dass gegen den Ex-Staatschef sieben Tage Untersuchungshaft verhängt worden seien. Dem linksgerichteten Politiker werden „Rebellion und Verschwörung“ vorgeworfen.

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