Peru während der WM: Euphorie statt Krisenstimmung
Die Peruaner fiebern mit ihrer Nationalmannschaft. Ihre Begeisterung lässt die Führungsschwäche des Präsidenten vergessen.
Im Trainingsspiel gegen die eigene U 20 sah das schon anders aus, da traf das Raubtier, so der Künstlername Guerreros. Millionen Peruaner drücken Guerrero die Daumen und hoffen, dass ihn Perus Trainer Ricardo Gareca in die Startelf beruft. Der exzentrische Coach hat aus der Mannschaft ein gut funktionierendes, laufstarkes Kollektiv geformt, das auch gegen die Dänen offensiv Akzente setzte. Das soll nun auch gegen das offensivstarke Frankreich gelingen, zumal sich Peru gegen Dänemark auch hinten sattelfest präsentierte.
Alles andere als sattelfest präsentiert sich hingegen die Regierung von Präsident Martín Vizcarra. Der gibt sich redlich Mühe, die Euphoriewelle, die durch die erste Qualifikation für eine Weltmeisterschaft seit 36 Jahren entstanden ist, für seine Regierung zu nutzen. Das gefällt allerdings nicht allen Peruanern: „Wir leben unter einer Wolke der Euphorie, die die politischen Probleme Perus derzeit quasi unsichtbar macht“, kritisiert Lavinia Pérez Mamani. Die junge Frau arbeitet in einem Restaurant in Cuzco und gehört zu einer jungen, kritischen Generation, die alles andere als zufrieden ist mit der politischen Krise, die Peru seit Jahren begleitet.
„Korruption und die faktische Blockade des Parlaments prägen das Land“, ärgert sich die Frau Anfang dreißig. Das interessiert angesichts der WM, die medial bis ins letzte Detail ausgeschlachtet wird, allerdings nur einen Teil der Bevölkerung. Doch würde ein realistisches frühes Ausscheiden der „Bicolor“ gleich für doppelte Katerstimmung sorgen. Die WM-Euphorie würde verpuffen und den Blick wieder auf die Führungsschwäche des Präsidenten lenken. Einen ersten Vorgeschmack darauf geben die jüngsten Umfragen, die Präsident Martin Vizcarra sinkende Beliebtheitswerte bescheinigen – von 50 Prozent Zustimmung ist sie auf 35 Prozent abgesackt. Trotz aller WM-Euphorie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!