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Archiv-Artikel

Perspektivenwechsel

„Peinlich, absolut peinlich!“, tobte eine Leserin. Es sei nicht zu entschuldigen, dass in den Geschichten von sechs Zivilistinnen und ihrem sechsten Juni 1944 im taz.mag der vergangenen Woche die deutsche Perspektive nicht berücksichtigt wurde. Wirklich peinlich ist der taz.mag-Redaktion allerdings nur, dass der Autor des letzten Texts in der Druckversion nicht erschienen ist. Im Internetarchiv kann man ihn nachlesen: Michael Streck, taz-Korrespondent in Washington.

Mit den Porträts wollten wir den Alltagsblick auf die Bedeutung dieses sechsten Juni 1944 einfangen. Bis zum 27. Juni zeigt das Deutsche Historische Museum in Berlin eine Ausstellung, die ein ähnliches Projekt verfolgt – allerdings auf der bildlichen Ebene. Viele der offiziellen Fotos kennt man, doch die privaten Aufnahmen der Wehrmachtsoldaten zeigen ein seltenes „privates“ Bild von Kriegserlebnissen. Im Katalogband „Das XX. Jahrhundert. Fotografien zur Deutschen Geschichte aus der Sammlung des Deutschen Historischen Museums“ (Heidelberg, Edition Braus 2004, 280 Seiten, im Museum 25 Euro) schreibt Kuratorin Maike Steinkamp: „Vor allem private Fotos geben Aufschluss über Kriegserlebnisse oder Einwirkungen der nationalsozialistischen Ideologie.“

Sieben Millionen Menschen besaßen 1939 in Deutschland einen Fotoapparat, und so gab es viele Soldaten, die bei Kriegsbeginn ihre Kamera mitnahmen. In der Ausstellung finden sich Aufnahmen aus Alben mit Bildunterschriften wie „unsere Vorgesetzten beim Wasserspiel“, „echter Judentyp in Polen“ oder „ein angeschwemmter Engländer in Saint Vallery“. Auch Leid und Elend im Ghetto fotografierten die Wehrmachtsoldaten. Nach dem verlorenen Krieg blieben solche Fotos lange Zeit unter Verschluss.