Mehr Pflegekräfte – irgendwann

Die Bundesregierung will den wirklichen Bedarf an Pflegerinnen und Pflegern in Krankenhäusern ermitteln. Auf dieser Basis soll mehr Personal eingestellt werden. Allerdings erst in einigen Jahren

Von Hannes Koch

Um die Situation in der Krankenpflege zu verbessern, hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nun Eckpunkte für einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Krankenhäuser sollen ihren Personalbedarf neu berechnen. Dabei könnte herauskommen, dass deutlich mehr Pflegepersonal eingestellt werden muss – wobei die Regelung möglicherweise erst ab 2025 greift.

Die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) ist eine Methode, die die Gewerkschaft Verdi, der Pflegerat und die Krankenhausgesellschaft entwickelt haben, um den tatsächlichen Personalbedarf auf einzelnen Stationen der Krankenhäuser zu ermitteln. Die Umsetzung „würde zu einem Mehrbedarf von 40.000 bis 80.000 Vollzeit-Pflegekräften führen“, sagte Michaela Evans vom Institut Arbeit und Technik der Hochschule Gelsenkirchen. Statt etwa 360.000 Vollzeitbeschäftigten müssten dann bis zu 440.000 arbeiten.

Das Eckpunktepapier sieht ein mehrstufiges Verfahren vor, die Personalregelung einzuführen. 2023 soll zunächst ein Pilotprojekt in repräsentativ ausgewählten Krankenhäusern stattfinden. Die verpflichtende, flächendeckende Einführung ist für 2024 geplant. Ab 2025 sollen die Kliniken ihre Personalausstattung dann in Richtung der ermittelten, vermutlich höheren Bedarfe anheben. Für den Fall, dass sie das nicht tun, sind Sanktionen geplant. Dabei müsse sich der Personalaufbau „an realisierbaren Werten“ und der „Lage auf dem Arbeitsmarkt für Pflegekräfte“ orientieren, heißt es in den Eckpunkten. Bis mehr Pflegerinnen und Pfleger auf den Stationen tätig sind, könnte es also noch mehrere Jahre dauern.

Gewisse Zweifel angesichts der langen Frist scheinen die Grünen zu hegen. „Über den genauen Zeitplan wird noch zu sprechen sein“, erklärten Janosch Dahmen und Kordula Schulz-Asche, die Gesundheitsfachleute der Grünen. Grundsätzlich unterstützten sie Lauterbach jedoch: „Die Pflegepersonalregelung verschafft den Pflegekräften konkrete Perspektiven für einen Zuwachs an Kolleginnen und Kollegen.“

Die Krankenhausgesellschaft als Vertretung der Kliniken begrüßt die Initiative ebenso. „Wir halten die PPR 2.0 grundsätzlich für ein gutes Instrument“, sagte Verbandschef Gerald Gaß. Allerdings warnte er davor, über Strafen nachzudenken, die die Krankenhäuser belasten könnten. Hintergrund ist die Annahme, dass die benötigten zusätzlichen Pflegekräfte hierzulande gar nicht vorhanden seien. Bereits heute können viele Kliniken Stellen nicht besetzen.

Darauf wies auch Eugen Brysch hin, Chef der Stiftung Patientenschutz: „Schon jetzt ist klar, dass Personalbemessung keine neuen Arbeitsplätze schafft.“ Er plädierte dafür, die Arbeitsbedingungen der Pflegenden zu verbessern, etwa Kinderbetreuung anzubieten.

Ablehnend äußerte sich der Verband der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), der höhere Beiträge befürchtete, wenn die Kassen einen höher angesetzten Klinikpersonalbedarf mitfinanzieren müssen.