Personalien bei Turbine Potsdam: Krasse Widerstände
Tabea Kemme wäre fast Präsidentin von Turbine Potsdam geworden. Man wird von ihr als Vertreterin einer neuen Frauengeneration gewiss noch hören.
Denkbar eng ist es am Ende gewesen. Mit zehn Stimmen Vorsprung hat der Konservatismus bei Turbine Potsdam gesiegt. Der 73-jährige Amtsinhaber Rolf Kutzmutz triumphierte gegen seine 29-jährige Herausforderin Tabea Kemme, die vieles anders machen wollte, professioneller, kommerzieller, konkurrenzfähiger. Mithin, Turbine Potsdam mit neuen Mitteln zu alter Größe zurückführen. Ex-Spielerin Kemme, die sich in den sozialen Medien zu präsentieren weiß und zuletzt für VW bei der Männer-EM als Expertin auftrat, hat in England ihre Lektion gelernt. Die lautet: im internationalen Rennen nicht zurückfallen.
Sie liegt damit voll im Zeitgeist. Eine neue Generation von Frauen schickt sich an, Räume im Fußball zu erobern. Sie kämpfen dabei gegen alte Herren in verkrusteten Strukturen, die wie in Potsdam mit aller Macht versuchen, unbequeme Frauen, Wandel und Jugend – in dieser Reihenfolge – in ihren Gremien zu verhindern. Der Kampf in Potsdam lief schmutzig, und er hat tiefe Risse hinterlassen.
Auf einer Veranstaltung der neu gegründeten Female Football Academy, die in eben das neofeministische Horn bläst und von Kemme mitgegründet wurde, erklärte sie zuletzt ihre Philosophie. Sehr tough, sehr klar, selbstbewusst. Sie ist eine von denen, die spielend leicht mit linksliberalen Begriffen wie Diversity und Empowerment jonglieren, und die sich durchaus als Feministinnen verstehen.
Zum Wirtschaftsliberalismus ist ihre Haltung dagegen weniger kritisch, Professionalisierung und Kommerzialisierung sind klare Ziele. „Ich habe vor meiner Kandidatur ein privates Coaching gemacht“, ließ Kemme wissen. US-inspiriertes Management statt des muffigen Alt-Unternehmertums à la Kutzmutz. Bei der Veranstaltung darf auch ein Spielerinnenberater davon schwärmen, bald Millionentransfers im Frauenfußball möglich zu machen. Kemme wollte Potsdam zurück in die Champions League bringen, aber auch die Macht auf mehr Schultern verteilen und endlich Ex-Spielerinnen beim Verein einbinden. Bisher wurden die in kaum einem Bundesliga-Klub gefragt.
Bei der Academy-Veranstaltung gab sie interessante Einblicke, wie mit ihr als Frau umgegangen worden sei: „Die Widerstände waren krass, überall wurden Mauern hochgezogen.“ Bald aber dürften die erstürmt werden, hier oder woanders. Auf der Woge des Corporate Feminism. Für kritischere Ideen zur Zukunft des Fußballs scheint kein Platz, der Tenor ist gesetzt – wirtschaftlich weiter wie gewohnt, aber ein bisschen bodenständiger als die Männer. In Berlin könnte schon im August Modernisierung kommen, wenn Gaby Papenburg erste Präsidentin eines Landesverbandes werden will.
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