piwik no script img

Pentagon sorgt für Verwirrung

US-Verteidigungsministerium zieht fehlerhafte Meldung zurück: Militärkontakte zu Peking werden aufrechterhalten. Chinesische Zeitung wirft Bush exzessive Handlungen im Streit um Spionageflugzeug und Waffenverkäufe an Taiwan vor

WASHINGTON afp/rtr ■ In einer Phase zunehmender Spannungen zwischen Washington und Peking hat ein hausinternes Missverständnis im US-Verteidigungsministerium am Mittwoch vorübergehend für erhebliche Verwirrung gesorgt. Das Pentagon musste eine inhaltlich falsche Mitteilung über den angeblichen Abbruch der Militärkontakte zur Volksrepublik China zurückziehen.

Zwei Stunden nach der ursprünglichen Bekanntgabe sagte der Pentagon-Sprecher Craig Quigley in Washington, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sei falsch interpretiert worden. Er habe nur eine Überprüfung von rangniedrigen Militärkontakten von Fall zu Fall gewünscht. Ein Mitarbeiter Rumsfelds habe das aber falsch verstanden und dann ein fehlerhaftes Memorandum verbreitet. Ein Sprecher hatte daraufhin mitgeteilt, Rumsfeld habe am Montag in einem internen Memorandum „bis auf weiteres“ die Unterbrechung der militärischen Kontakte zu Peking angeordnet.

Wie aus dem Ministerium zu hören war, hat China keine offizielle Mitteilung über die vermeintlich neue Regelung erhalten. Hintergrund ist ein US-Gesetz über die militärischen Beziehungen zu China, das Ende April ausgelaufen ist und zunächst nicht erneuert wurde. Das Gesetz bildete die rechtliche Grundlage für gegenseitige Besuche von chinesischen und amerikanischen Armeeangehörigen. Außerdem konnten Kriegsschiffe der chinesischen und der amerikanischen Marine in den Häfen des jeweils anderen Landes zu Besuchen anlegen. Zuletzt war der Chef der US-Pazifikflotte, Admiral Dennis Blair, Anfang des Jahres zu einem Besuch nach China gereist.

Die US-Militärführung betrachtet die gegenseitigen Besuche als vertrauensbildende Maßnahme: Durch private Kontakte aufstrebender Offiziere sollen Missverständnisse und damit mögliche Zwischenfälle vermieden werden. Nach der Kollision eines US-Spionageflugzeugs mit einem chinesischen Kampfjet am 1. April über Hainan und der anschließenden Notlandung der US-Maschine in China war das Programm jedoch auf Kritik bei den Republikanern gestoßen.

Die chinesische Regierung hatte die 24-köpfige Besatzung des Spionageflugzeugs elf Tage lang festgehalten und verweigert weiterhin die Herausgabe des Flugzeugs. Am Mittwoch konnten US-Militärexperten die Maschine erstmals inspizieren. Einen Tag zuvor hatte Rumsfeld gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN angedeutet, dass China durch die Untersuchung des Flugzeugs an militärische Geheimnisse gelangt sei.

Die amtliche chinesische Volkszeitung warf US-Präsident George W. Bush unterdessen vor, mit seinen Entscheidungen in den ersten 100 Tagen im Amt den Ruf eines „schwachen Präsidenten“ loswerden zu wollen. „Seine exzessiven Handlungen und Worte zum Zusammenstoß der chinesischen und amerikanischen Flugzeuge sowie seine Waffenverkäufe an Taiwan stehen alle in Verbindung mit seinem Geisteszustand“, hieß es. „Einmal an der Macht, wird ein Mann versuchen, sie voll zu gebrauchen.“

kommentar SEITE 11

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen