: Paul und Paula ziehen nach Prenzlberg
Das Kino Blow Up eröffnet heute neu, ein halbes Jahr nach seiner Schließung. Mit dem Schwerpunkt auf osteuropäischem Film soll das Kiezpublikum von der starken Konkurrenz weggelockt werden – und einmal die Woche läuft der DDR-Kultfilm
VON JULIANE GRINGER
Ein Kino eröffnet neu – selten hört man das in Berlin. Aber das „Blow Up“ im Prenzlauer Berg hat sich wieder aufgerappelt und startet ein gutes halbes Jahr nach seiner Schließung im Sommer heute Abend einen Neuanfang.
Mit Gesprächsrunden und filmischen Schwerpunkten will sich das Programmkino an der Immanuelkirchstraße nun noch stärker als früher von der großen Konkurrenz in Berlin absetzen. Osteuropäische Kinoklassiker und aktuelle Filme aus dem baltischen Raum, Ungarn, Tschechien und der Slowakei bestimmen deshalb das neue Blow-Up-Programm. Zudem werden Art-House-Streifen, Kinder- und Berlin-Filme gezeigt und deutsche Filmkunst, gerne auch von jungen Hochschulabsolventen.
Die starke Multiplex-Konkurrenz und zu wenig Werbung haben das frühere Blow Up scheitern lassen, glaubt Jürgen Haase, Geschäftsführer des Progress-Filmverleihs. Er hat den Betrieb des Kinos übernommen. In den neun Jahren seines Bestehens habe sich das Blow Up zwar durchgesetzt und als Programmkino in der Stadt einen guten Namen gemacht. Doch zuletzt blieb das Publikum aus. Die Gründe aus seiner Sicht: Das Kino in der Kulturbrauerei und das Filmtheater am Friedrichshain liegen in Laufweite, andere große Kinos ziehen mit Blockbustern und Unterhaltungsstreifen auch den Programmkinos Besucher ab.
Ein gefaltetes, auffällig rotes Blow-Up-Programmheft wird deshalb nun an alle Haushalte im Kiez verteilt. „Hier wohnt unser wichtigstes Publikum“, meint Jürgen Haase. Bis Ende Februar gibt es außerdem das Angebot „Bring a Guest“: Wenn zwei Leute ins Kino gehen, darf einer von beiden umsonst zuschauen.
Vor seiner Neueröffnung hat das Kino ein größeres Foyer bekommen mit Monitoren, auf denen Vorschauen gezeigt werden. Am Wochenende werden dort Bundesligaspiele auf Leinwände übertragen, wenn in den zwei Kinosälen Familien- und Kinderfilme laufen. Eltern können dann ihren Nachwuchs so alleine in die Vorstellungen schicken.
Auch aus seinem umfangreichen Defa-Filmstock will Progress – einst einziger 35-mm-Film-Verleih der DDR – schöpfen. Während im Kino Börse der Kultstreifen „Die Legende von Paul und Paula“ täglich lief, wird er hier immerhin noch jede Woche einmal am Samstagabend gezeigt. Damit knüpft man an die Tradition des Kinos am Hackeschen Markt an, das im Sommer 2003 schließen musste, weil sein Gebäude verkauft werden musste. Auch das Kino Börse lief schon unter der Führung des Progress-Filmverleihs.
Jürgen Haase geht „mutig und zuversichtlich“ an den Neustart des Kinos heran. Er glaubt, mit dem veränderten Konzept näher an das heranzurücken, was derzeit gefragt ist. „Kino, das ist ja nicht mehr nur das Abspielen von Filmen“, umschreibt er den Wunsch des Publikums nach „Rundum-Unterhaltung“. Deswegen will er den Gästen auch „Filmkultur über Gesprächsreihen vermitteln“, vor allem im Rahmen des „Montagskinos“.
Zudem soll es Kinopremieren geben, Wunschfilmaktionen und thematische Kinoabende, beispielsweise zum 60. Jahrestag des Kriegsendes. Dazu werden Filmemacher, Kritiker und Schauspieler eingeladen. Nach einem halben Jahr will Haase eine erste Zwischenbilanz ziehen, ob das alles beim Publikum ankommt.