Der heißeste Scheiß im noch jungen Jahr: „LCD Soundsystem“ spielen im Molotow ihren zackigen Punk-House-Disco-Rock : Partymusik für Grantler
„Ich mag Gerüchte“, hat James Murphy einmal gesagt, „also druck‘ es, wenn du möchtest. Gerüchte machen Rock lustig.“
Nun ranken sich nicht erst seit jenem Interview zahllose Histörchen um den Mittdreißiger, und etliche davon dürften einer Überprüfung eher nicht standhalten. So habe Murphy, der mit Tim Goldsworthy in New York das bestens beleumundete Produzenten- und Labelmacher-Team DFA bildet, etwa vergessen, eine geschäftliche Anfrage von Janet Jackson zu erwidern.
Britney Spears wiederum sei zwar bei DFA im Studio gewesen, die dabei entstandene Produktion allerdings nie veröffentlicht worden. (Andere Quellen behaupten, man habe damals „keine gemeinsame Kommunikationsebene“ gefunden.) Und einige Jahre zuvor hat der langjährige Kickboxer angeblich die komplette Band Oasis zum Kampf herausgefordert.
Kurz nach Beendigung des College soll Murphy das Angebot bekommen haben, Autor für eine Fernseh-SitCom zu werden. Die Serie hieß Seinfeld, wurde ein enormer Erfolg, und damals nicht zugesagt zu haben, bezeichnet Murphy noch heute als „meinen größten Fehler“. Andererseits nennt er auch schon mal sein ganzes Leben einen einzigen Fehler, und überhaupt müssen seine Gesprächspartner aufpassen, dem sarkastischen Murphy nicht auf den Leim zu gehen.
Zum heißesten Scheiß im New Yorker Underground zwischen Disco- und New-Wave-Nostalgie, Clubkultur und Indierock-Resten hat ihn indes nicht derlei Seemannsgarn werden lassen, sondern – neben den Aktivitäten bei DFA – Murphys Nebentätigkeit unter dem Namen LCD Soundsystem: ein einnehmender Entwurf geschichtsschwangerer, gleichwohl nicht ausschließlich rückwärts gewandter Tanzmusik, mal die Vermählung von übersteuerten Punksounds mit treibendem Disco-Beat, mal frühmorgendlich-verkatertes Bastardpop-Songwriting; mal bestehen Texte aus wenig mehr als abgenutzter „Yeah!“-Ekstase, mal gibt Murphy den klarsichtigen Grantler (und klingt dabei beinahe wie sein erklärter Held Mark E. Smith von The Fall).
Seine Stücke zimmert Coolness-Skeptiker Murphy im eigenen Keller (oder wo immer sonst er seine Studiozelte aufschlägt): Aufwendigen Gerätschaften und Fertigkeiten zeiht er schon immer die inspirierte Beschränkung auf bescheidene Möglichkeiten vor – und entfacht einen Drive, um den ihn mancher mit Megabyte und -watt jonglierender Techno-Stadion-Rocker beneiden mag.
Live wird aus dem Ein-Mann-Ding LCD eine veritable Rockband. „Dann spielen wir“, so Murphy an anderer Stelle, „als eine Art von, ich weiß auch nicht, LCD Tribut-Band.“
„Wenn die Band ‚Movement‘ spielt, müssen danach immer mindestens fünf Leute ins Krankenhaus“, war im Onlinemagazin girlieaction.com zu lesen – „it‘s so intense.“ aldi
So, 20.2., 21 Uhr, Molotow