: Parlamentarier seilen sich ab
Schlappe für den Senat beim Tempodrom: Die Haushaltsexperten des Abgeordnetenhauses verweigern fraktionsübergreifend den vom Senat zugesagten weiteren Zuschuss von 900.000 Euro
von STEFAN ALBERTI
Das Tempodrom steht vor dem Konkurs. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses lehnte gestern Abend mit den Stimmen von SPD, PDS, FDP und CDU den bereits vom Senat beschlossenen erneuten Zuschuss von 900.000 ab. Nur die Grünen enthielten sich. Die Finanzspritze sollte den Kulturbetrieb am Anhalter Bahnhof über die nächsten Monate bringen, bis ein Käufer gefunden ist. Der Ausschuss hat bei allen außerplanmäßigen Landesausgaben das letzte Wort. Tempodrom-Gründerin Irene Moessinger gab sich enttäuscht, aber entschlossen: „Ich werde nicht kampflos aufgeben“, sagte sie nach Bekanntwerden der Entscheidung.
Rund 30 Millionen Euro waren in den vergangenen Jahren weitgehend aus öffentlichen Töpfen in das Tempodrom geflossen, das nach drei Umzügen im Dezember 2001 im Neubau am Anhalter Bahnhof eröffnete. Nach Einschätzung der Finanzverwaltung droht ohne den Zuschuss die sofortige Insolvenz. In diesem Fall würde eine Summe aus der Landesbürgschaft von bis zu 10,3 Millionen Euro fällig. Die Belastungen würden bei einem Verkauf in jedem Falle gegengerechnet. Aus einer Insolvenz heraus sei die Verhandlungsbasis zum Verkauf eindeutig schlechter, sagte Verwaltungssprecher Claus Guggenberger.
Doch selbst die Regierungsfraktionen SPD und PDS mochten keinen Sinn in einem erneuten Zuschuss erkennen. „Keinen weiteren Cent“ werde es geben, hatte SPD-Haushaltsexpertin Iris Spranger schon vor der Entscheidung des Ausschusses angekündigt. Die Opposition sah das nicht anders. Hier würde ansonsten „gutes Geld schlechtem Geld nachgeworfen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Claus-Peter von Lüdecke. „Es kann nicht angehen, dass bei Schulen gespart wird und man gleichzeitig einen Kulturtempel mit Landesmitteln fördert“, äußerte sich CDU-Fraktionschef Frank Steffel.
Allein die Grünen wollten ursprünglich einer letzten Finanzspritze zustimmen – allerdings nur, wenn bis zur Abstimmung ein Interessent verbindliche Kaufabsichten geäußert hätte. Dies war jedoch nicht der Fall.
Wann und ob das Tempodrom nun Konkurs anmelden werde, wollte der Vorsitzende der Betreiberorganisation Stiftung Neues Tempodrom, Torsten Griess-Nega, gestern nicht sagen. Entscheidend seien nun die Vereinbarungen mit anderen Partnern. Derzeit verhandele die Stiftung mit insgesamt elf Kaufinteressenten, davon mit dreien bereits konkret. Namen waren nicht zu erfahren, bekannt ist allerdings, dass zu ihnen auch der Pächter des Liquidroms und die Betreiber der Columbiahalle gehören.