Pariser Kommunalwahlen: Boss der Bourgeois-Bohème
Der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë hat gute Chancen, bei den Kommunalwahlen im Amt bestätigt zu werden. Doch der 56-Jährige hat bereits ganz andere politische Ziele vor Augen.
Bertrand Delanoë, der es 2001 mit Ach und Krach geschafft hat, der erste gewählte linke Pariser Bürgermeister zu werden, braucht sich diesmal keine Sorgen zu machen. Mit knapp 42 Prozent der Stimmen im ersten Durchgang der Kommunalwahl muss der Sozialdemokrat mit dem schelmischen Lächeln zwar in die Stichwahl gehen, doch der Verbleib im schönsten Büro der französischen Hauptstadt ist ihm gewiss. Generös sicherte er dennoch in der Nacht zu Montag der von 12 auf 7 Prozent geschrumpften Grünen-Partei zu, er wolle weiter mit ihr zusammenarbeiten. Die Pariser KPF hatte schon im Wahlkampf gemeinsame Listen mit der PS gemacht.
In sieben Jahren an der Spitze einer rot-rosa-grünen Stadtregierung hat Delanoë die französische Hauptstadt von dem Mief der jahrzehntelangen Chiraquie befreit. Überzeugt hat der Sozialdemokrat die PariserInnen vor allem mit spektakulären Aktionen, die zur Modernisierung der Stadt und ihrer internationalen Ausstrahlung beitrugen. Delanoë hat das erste Teilstück einer Straßenbahn gebaut, Radwege angelegt und die Einfallstraßen aus der Banlieue in die Stadt verengt. Er hat einem Werbeunternehmen die Lizenz zum Vermieten von 20.000 Leihrädern gegeben. Er hat auch "Paris-Plage" erfunden, wozu jedes Jahr im Sommer tonnenweise Sand in die Pariser Innenstadt gekarrt und auf die Schnellstraße entlang der Seine geschüttet wird.
Auch die Öffnungszeiten von Kindergärten und Sportanlagen hat er verlängert. Zusätzlich ließ er zahlreiche neue kleine Parks anlegen. Dass dabei trotz Zusatzarbeit die Zahl der Stadtbeschäftigten nicht nach oben angepasst wird, führt zwar immer wieder zu sozialen Konflikten, doch an der Wahlurne wirkt sich das nicht aus: Die ArbeiterInnen der Pariser Stadtverwaltung wohnen - und votieren - in der Banlieue.
Nach dem Paris der alleinstehenden, wohlhabenden alten Damen, bedient Delanoë das Paris der "Bobos" - der nicht schicken und gut verdienenden "Bourgeois-Boheme". Die kleinen Leute, die ArbeiterInnen und HandwerkerInnen, bestimmen fast nur noch das Paris-Bild im nostalgischen Kino.
Wie einst Jacques Chirac, der das Rathaus als Sprungbrett in den Élysée-Palast genutzt hat, träumt auch der 56-jährige Delanoë von einer Präsidentenkarriere. Zunächst interessiert ihn der Vorsitz der PS und 2012 die Präsidentschaftskandidatur. Doch der nächste Karrieresprung wird schwer. Denn Präsidenten werden vor allem außerhalb der Pariser Stadtgrenzen gewählt. Dort halten sich die Witzchen über "Notre Dame de Paris" hartnäckig. Und dort hat der bekennende Schwule Delanoë bislang nirgends Hausmacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!