: Paradoxon im Vertrag
■ Der Atomwaffensperrvertrag (NPT) soll die Verbreitung von Atomwaffen stoppen, die zivile Nutzung der Atomenergie jedoch fördern
Der „Nuclear Nonproliferation-Treaty“ - NPT (Vertrag über die Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen, kurz Atomwaffensperrvertrag) wurde 1968 unterzeichnet und trat 1970 in Kraft. Er sollte das Monopol der damaligen Atomwaffenstaaten sichern. Die Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügten, erklärten mit dem Beitritt ihren freiwilligen Verzicht auf Atomwaffen und verpflichteten sich, Atomtechnologie und Spaltmaterial nur in Länder zu exportieren, in denen eine rein zivile Nutzung garantiert ist. Bis heute traten rund 140 Staaten dem Vertrag bei. Die BRD unterzeichnete nach heftigen innenpolitischen Debatten erst 1974. Rund 90 Abgeordnete der damaligen CDU-CSU -Opposition stimmten damals gegen die Ratifizierung, darunter Nato-Generalsekretär Wörner und Mitglieder der jetzigen Bundesregierung.
Die Überwachung des Vertrages wurde der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) in Wien übertragen. Die Agentur wurde schon Anfang der 50er Jahre als Sponsor für die weltweite Verbreitung der zivilen Atomenergie gegründet. Die Kontrolleure der IAEA sollten nun darüber wachen, daß aus den zivilen Atomfabriken kein Spaltmaterial für militärische Zwecke abgezweigt würde. Außerdem sollte eine Review -Conference (RC) alle fünf Jahre Bilanz ziehen. Die nächste RC findet nun vom 20.August bis Mitte September dieses Jahres in Genf statt. In der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist die Befristung des Vertrages bis 1995. Dann muß die letzte Review-Conference über eine angestrebte Verlängerung befinden.
Die Crux des NPT lag von Beginn an im Zwillingscharakter von ziviler und militärischer Atomtechnologie: Die Verbreitung militärischer Atomartikel soll verhindert, der weltweite Siegeszug der zivilen Atomkraft aber nach Kräften gefördert werden. Das Dumme dabei ist, daß einem hochangereicherten Uran-235-Molekül nun mal nicht anzusehen ist, ob es für einen Forschungsreaktor oder eine Atombombe vorgesehen ist. Das im NPT ebenso wie im IAEA-Statut bereits angelegte Paradoxon führte so etwa dazu, daß alle Welt das Regime in Pakistan für seine Beitrittsverweigerung zum NPT geißelt, gleichzeitig aber der Chef der pakistanischen Atom -Behörde seit Jahren im höchsten Leitungsgremium der IAEA, dem Gouverneursrat, sitzt und dort die Politik der Wiener UNO-Behörde beeinflußen kann. Im Grunde brachte der NPT den atomaren Welthandel erst richtig in Schwung und begünstigte z.B. die Expansion der westeuropäischen Atomindustrien enorm.
thosch
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