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Papst in Bulgarien

Johannes Paul II. will eine Annäherung zwischen Romund den Orthodoxen erreichen. Doch die sind gespalten

BERLIN taz ■ In Sofia geht dieser Tage nichts mehr. Das Zentrum ist abgesperrt, Falschparkern droht das Abschleppen ihres Fahrzeugs, und Werktätige müssen sich ausweisen, um an ihre Arbeitsplätze zu gelangen. Seit gestern patrouillieren auch noch rund 3.665 Polizisten, assistiert von 330 Offizieren einer Eliteeinheit. Denn heute soll Papst Johannes Paul II. in der bulgarischen Hauptstadt eintreffen.

Nicht nur für viele Bulgaren, von denen sich nur rund ein Prozent zum katholischen Glauben bekennen, ist der Besuch ein Ereignis. Nach den vergeblichen Versuchen ihrer Vorgängerin, das Oberhaupt der katholischen Kirche ins Land zu holen, sind die Erwartungen der Regierung unter Exkönig Simeon hoch.

Nicht zuletzt geht es darum, „das Bild des Landes von einem Makel zu befreien und ein ungerechtes Kapitel der modernen bulgarischen Geschichte zu schließen“, wie Außenminister Solomon Passi es unlängst ausdrückte. 1981 war der Papst bei einem Attentatsversuch in Rom durch mehrere Schüsse schwer verletzt worden. Der Attentäter, der türkische Staatsbürger Mehmet Ali Agca, hatte damals ausgesagt, drei bulgarische Helfershelfer gehabt zu haben. Mehrere Beschuldigte kamen einige Jahre später aus Mangel an Beweisen wieder auf freien Fuß. Die Tat wurde nie restlos aufgeklärt, und seitdem machte das Wort von der „bulgarischen Verbindung“ die Runde.

Doch das Image Bulgariens aufzupolieren dürfte für den Papst allenfalls ein Nebenaspekt seiner Visite sein. Dem Pontifex geht es in erster Linie um eine Annäherung zwischen Rom und den Orthodoxen. Ob das gelingt, ist fraglich, ja es könnte sogar sein, dass sein Besuch die Spaltung innerhalb der bulgarischen Orthodoxie weiter vertieft.

Diese existiert seit 1992. In jenem Jahr gründete der damalige Patriarch Pimen eine alternative Synode. Grund dafür waren Auseinandersetzungen innerhalb der Kirche über deren Rolle im kommunistischen System. Pimen hatte dem heute immer noch amtierenden Oberhaupt der Bulgarischen Orthodoxen Kirche, Patriarch Maksim, vorgeworfen, 1971 auf Geheiß und nur mit dem Segen des Politbüros der damaligen Kommunistischen Partei Bulgariens gewählt worden zu sein. Dadurch sei das kanonische Recht verletzt worden, die Wahl daher illegal.

Seitdem stehen sich beide Seiten unversöhnlich gegenüber. Durch den Papstbesuch könnte nun, so befürchten der Nachfolger des 1999 verstorbenen Pimen, Bischof Inokenti, und dessen Anhänger, die Position Maksims im Kirchenkonflikt gestärkt werden. Zumal die Regierung gegenüber Maksim keine Berührungsängste hat. So ließ sie sich von Maksim vereidigen.

Neben mehreren Messen und der Heiligsprechung von drei Priestern, die 1952 ermordet worden waren, stehen auf dem Programm des Papstes auch Begegnungen mit Vertretern religiöser Gemeinschaften sowie aus Politik und Kultur. Maksim wird nicht darunter sein. Zur Begründung sagte er, der Besuch sollte als rein politisch angesehen werden, denn die bulgarische Kirche habe dem Papst nie eine Einladung geschickt. BARBARA OERTEL

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