Panter Preis Nominierte III: Den Banken auf den Zahn fühlen

Die Organisation Facing Finance überprüft, wie nachhaltig und ökologisch die Finanzindustrie agiert. Das zeigt Wirkung, reicht aber noch nicht aus.

Sechs Leute (mit Thomas Küchenmeister, 2. von l.), die die Finanzwirtschaft auf Trab bringen Foto: Insa Hein

VON SANDRA KIRCHNER

taz Panter Stiftung, 22.05.2023 | „Die höchsten Renditen erzielt man auf Kosten von Mensch und Umwelt“, sagt Thomas Küchenmeister. Der Chef der Organisation Facing Finance muss es wissen. Seit zwölf Jahren nehmen Küchenmeister und seine Kol­le­g:in­nen die Geschäfte von Banken, Finanzdienstleistern und Versicherungen unter die Lupe. Facing Finance deckt Geschäfte auf, die zwar geächtet sind, aber trotzdem in großem Stil abgewickelt werden.

Den Globus umspannt ein Geflecht von milliardenschweren Finanzströmen, bei denen Konzerne mit Umweltzerstörung, Waffenexporten, Menschenrechtsverletzungen, und Arbeitsrechtsverstößen Geld verdienen. Die Finanzindustrie verdient an Geschäftsmodellen, die Regeln missachten. Noch immer pumpen die Banken zum Beispiel Milliarden in fossile Energieprojekte und verdienen an der Ausbeutung von Kohle, Gas und Öl – obwohl Deutschland sich mit dem Abkommen von Paris verpflichtet hat, das Klima zu schützen.

Die Arbeit bei Facing Finance ist für Thomas Küchenmeister deshalb eine Frage von Gerechtigkeit. „Menschen, die in unserer Gesellschaft keine Stimme haben, versuchen wir Aufmerksamkeit zu verschaffen“, sagt Küchenmeister. Die Organisation macht transparent, wie Konzerne und Banken mit ökologisch verantwortungslosen Abbaupraktiken im Bergbau oder mit miserablen Arbeitsbedingungen im Globalen Süden viel Geld machen.

Licht ins Dunkel der Finanzströme

Für Ver­brau­che­r:in­nen sind die verwerflichen Geschäfte oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Wer weiß schon genau, womit die eigene Bank ihr Geld verdient, welchen Konzernen sie Kredite gibt oder in was ihre Fonds investieren? „Wir haben gemerkt, dass Menschen häufig überfordert sind und nicht beurteilen können, wie sie ihr Geld nachhaltig anlegen können“, sagt Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand von Facing Finance.

Der taz Panter Preis wird von der taz Panter Stiftung an Menschen vergeben, die sich gegen die Klimakrise engagieren. Dieses Jahr geht es unter dem Motto „Klima für Gerechtigkeit“ um solidarischen Klimaschutz. Eine Jury hat erstmals sieben Nominierte (statt sechs) für die Leser:innen-Wahl vom 3. bis 25. Juni ausgewählt. Zudem wird ein Preis von den ehemals Nominierten vergeben. Beide Preise sind mit 5.000 € dotiert und werden am 16. 09. verliehen. Infos: taz.de/panter.

Die NGO will Licht ins Dunkel der Finanzströme bringen. Dafür betreibt der Verein mit Sitz in Berlin einen ziemlichen Aufwand: Anhand von mehr als 280 Nachhaltigkeitskriterien prüft die Organisation, wie glaubwürdig die Versprechen von Banken beim Klimaschutz oder den Menschenrechten sind. Zudem führt Facing Finance Stichproben durch, ob sich Banken an ihre eigenen Richtlinien halten. „Zwar sagen Finanzdienstleister, dass sie sich mehr um den Klimawandel kümmern müssen, aber sie handeln nicht danach“, sagt Küchenmeister weiter. Die meisten Finanzkonzerne können nicht von den schmutzigen Geschäften lassen.

Damit sich das ändert, legen die sechs Mitarbeitenden von Facing Finance regelmäßig die Missstände in der Finanzbranche offen. In den Berichten der Organisation kann je­de:r nachlesen, womit die Deutsche Bank, Commerzbank & Co Geld machen, obwohl sie sich vorgenommen haben, besser zu werden. Die Veröffentlichungen von Facing Finance finden großen Anklang in der Öffentlichkeit und setzen die Finanzindustrie unter Druck, verantwortlicher zu handeln.

Fortschritte bei Nachhaltigkeits-Checks

Das hat Wirkung. Die Finanz­in­dustrie ist für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert und bemüht sich durchaus, besser zu werden. Die Berichte von Facing Finance haben nachweislich dazu beigetragen, dass die Branche nachhaltiger geworden ist. Thomas Küchenmeister und sein Team besprechen mit den Banken die Ergebnisse der Nachhaltigkeits-Checks und stellen dabei einige Fortschritte fest. Doch noch immer agiert die Finanzbranche längst nicht so ethisch, wie es für die sozialökologische Transformation erforderlich wäre.

Dass der Fortschritt bei der Transformation des Finanzsystems nicht schnell genug vorangeht, liegt auch daran, dass der Gesetzgeber das toleriert, meint Thomas Küchenmeister. Das sechsköpfige Team von Facing Finance hat sich einen mächtigen Gegner vorgeknöpft. Keine Branche in Deutschland pflegt bessere Beziehungen zur Politik, keine Branche gibt mehr Geld für Lobbyismus in Deutschland aus. So gelingt es der Finanzindustrie häufig, strenge Gesetze abzuschwächen.

Doch das Interesse an Banken und Finanzinstituten, denen es nicht nur um kurzfristigen Gewinn geht, wächst. Ethisch-ökologische Geldanlagen werden häufiger nachgefragt. Dass Ver­brau­che­r:in­nen leichter beurteilen können, ob ein Finanzprodukt mit ihrem Gewissen vereinbar ist, liegt auch an der unermüdlichen Arbeit von Facing Finance.

Infos: www.facing-finance.org