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Panorama Berlinale 2015Mousa, der Unglücksrabe

Die Story eines palästinensischen Drifters zwischen allen Fronten: „Love, Theft and Other Entanglements“ von Muayad Alayan auf der Berlinale.

Gefährliche Fracht: Mousa entdeckt im geklauten Auto einen entführten Israeli. Bild: Palcine Productions

Ach Jerusalem, ach Palästina, was für ein schönes Land, wenn das Leben dort nur nicht so gefährlich wäre. Der Palästinenser Mousa (Sami Metwasi) schmeißt den Job auf einer Baustelle im israelischen Teil Jerusalems hin. Er will nicht Mörtel und Zement anrühren, lieber schnelles Geld verdienen.

Und so knackt er in einem wohlhabenderen Viertel im israelischen Teil Jerusalems eine Limousine der Marke VW. Der Diebstahl soll sein Ticket in die neue Welt finanzieren. Um mit falschen Papieren aus den palästinensischen Gebieten herauszukommen, muss er einer Autorität 5.000 US-Dollar Schmiergeld zahlen.

Regisseur Alayan lässt seinen kleinkriminellen Helden im gestohlenen Auto durch Jerusalem fahren. Ein sehr schöner Trip in unaufgeregt-intensiven Bildern. von Jazz-Klängen begleitet. Der gesamte Film ist in Schwarz-Weiß gedreht. Diese Bilder passen sehr gut zur steinigen, staubigen Landschaft und zur kontrastreichen Kulisse im Heiligen Land.

Doch von Schwarz-Weiß-Denken ist Alayans Film keineswegs geprägt. Stattdessen lässt der palästinensische Regisseur sehr viele humorvolle, manchmal grotesk wirkende Zwischentöne zu.

Film und Regisseur

Love, Theft and Other Entaglements, Palästina 2015. Muayad Alayan ist ein palästinensischer Filmregisseur und lebt in Jerusalem. Nach seinem Studium in San Francisco kehrte er nach Palästina zurück.

Der noch junge Mousa ist hungrig nach einem Leben, seinem Leben. Bald fliegt er jedoch aus der väterlichen Bude, weil er den Bauarbeiterjob vermasselt. Aus einem weißen, fensterlosen Kleinbus im arabischen Teil Jerusalems springen schwerbewaffnete Männer. Es sind vermummte palästinensische Milizionäre, die Mousa verschleppen, und kurze Zeit später muss er mit verbundenen Augen vor einer palästinensischen Autorität niederknien. Der Milizchef ist auf der Suche nach der gestohlenen Limousine. Nun dämmert Mousa, dass wohl etwas schiefgegangen ist.

Lieben und leben

Fast immer geht etwas schief in Mousas Leben – oder auch nicht. So ist er mehr als nur der Geliebte der Ehefrau (Maya Abu Elhayat) eines wohlhabenden palästinensischen Mannes, der an der Eingangstür seiner Villa stets ein griffbereites Gewehr hängen hat. Bei der Darstellung dieses Liebes-, aber auch des Eheverhältnisses geht Alayans Film an die Grenze dessen, was in den palästinensischen Gebieten derzeit möglich ist – Kritik am Paternalismus und Sex in Unterhosen.

Mousas Probleme werden immer größer. Im Kofferraum des geklauten Wagens findet er schließlich die heiße Fracht. Die palästinensischen Kämpfer haben dort einen gekidnappten israelischen Soldaten (Ryad Sliman) geparkt. Nun hat Mousa nicht nur die Miliz, sondern auch die Israelis am Hals. Kann das gutgehen? Alayans Groteske hält manch überraschende Wendung bereit.

Politisch wie geografisch sind die Übergänge in Jerusalem bruchlos – von der Stadt zum Land, von der Alt- zur Neustadt, von muslimisch zu jüdisch zu christlich. Mousa, gespielt von Sami Metwasi, spricht gewandter Englisch und erscheint wesentlich „europäischer“ als der „orientalisch“ aussehende entführte israelische Soldat. Auf ihrer Flucht durchwandern sie zusammen die Olivenhaine am Rande der Stadt und erwachen morgens im Freien vom Gemecker einer Ziege.

Die Situation in Jerusalem und den palästinensischen Gebieten ist auch sehr kompliziert für individuell agierende Kleinkriminelle. Aber es bleibt eine anziehende Region mit Typen wie Mousa, die nur eines wollen: lieben und leben – und von den Kriegsparteien in Ruhe gelassen werden. Eine Einstellung zeigt Mousa auf einer Straßenkreuzung vor einer Hauswand stehend. Auf diese hat jemand „Fuck Oslo“ gesprüht. „Oslo“ steht für den gescheiterten israelisch-palästinensischen Friedensprozess.

Doch so wie Alayan das hier dreht, heißt es eher: Fuck Politik und Fuck Autoritäten. Das lässt kulturell hoffen. Die Veränderung muss und wird von innen kommen, gegen die religiösen und nationalistischen Eiferer gerade auch auf palästinensischer Seite.

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