Palästina-Kongress weiter in der Kritik: Die Debatte bleibt hitzig
Nach dem Palästina-Kongress wird weiter diskutiert. Auch Stimmen, die ihn inhaltlich ablehnen, sehen das repressive Vorgehen der Behörden kritisch.
Der RAV ist ein Zusammenschluss von Rechtsanwält*innen, die Bürger- und Menschenrechte „gegenüber staatlichen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Machtansprüchen“ verteidigen wollen. Die Polizei habe die Möglichkeit, Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, bewusst vereitelt, heißt es weiter.
Ihre Kritik wollten die Anwält*innen dabei unabhängig von der Veranstaltung selbst verstanden wissen. Im RAV-Vorstand gebe es unterschiedliche Meinungen zum Inhalt und zur Ausrichtung des Kongresses, bis hin zu Kritik und Ablehnung. Doch in einem sei man sich einig: Das Vorgehen der Behörden sei mit der Versammlungs- und Meinungsfreiheit unvereinbar.
„Auch wenn man wie ich kritisch zum Palästina-Kongress steht: Es muss möglich sein, strafbare und antisemitische Reden zu verhindern und Auflagen durchzusetzen, ohne den kompletten Kongress zu verbieten“, schrieb der Linke-Innenpolitiker und Abgeordnete Niklas Schrader auf X. „Mit solch hilfloser Repression erreicht man wenig gegen Antisemitismus.“
„Der Palästina-Kongress war pressefeindlich“
Die bei der Gewerkschaft Verdi organisierte Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion DJU zog „im Sinne der Pressefreiheit“ eine negative Bilanz. „Der Palästina-Kongress war pressefeindlich“, schrieb die DJU ebenfalls auf der Plattform X. Sowohl die Veranstalter*innen als auch Teilnehmer*innen des Kongresses hätten „regelmäßig versucht, eine unabhängige, freie Berichterstattung zu verhindern“.
Den Kongress mitveranstaltet hat der Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. Die Gruppe trat gegenüber der Polizei als Anmelder der Versammlung auf. Der Verein positioniert sich regelmäßig verharmlosend in Bezug auf den Terror der Hamas. Nach deren Massaker am 7. Oktober schrieben sie auf ihrer Webseite: „Was nun geschehen ist, glich einem Gefängnisausbruch, nachdem die Insassen zur lebenslangen Haft verurteilt wurden, nur weil sie Palästinenser:innen sind.“
Auf einer Veranstaltung zu ihrem 20-jährigen Bestehen fand der Anteil der Hamas an der Situation in Gaza keine Erwähnung. Auch im Programm des Kongresses selbst fanden sich keine Einordnung oder Kritik an der Terrororganisation. Bei der Demonstration gegen das Verbot des Kongresses am Samstag waren auch rote Dreiecke zu sehen, die seit dem 7. Oktober als Symbol für die Hamas gelten.
Die Jüdische Stimme verortet sich selbst als links. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte das Verbot des Kongresses gelobt. „Wir behalten die islamistische Szene eng im Visier“, hatte sie auf X geschrieben. Der Verfassungsschutz führt Hamas-unterstützende Gruppierungen unter Islamismus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen