PRESS-SCHLAG: Gerster + Möller = Eintracht-Berger
■ Die Schlußabrechnung mit einem Ehrenmann
Die Eintracht aus Frankfurt am Main hat den Trainer gefunden, der zum Vorstand des Vereins und seinem intriganten Umfeld paßt, wie die Faust aufs Auge: Der 42jährige Dragoslav Stepanovic ist seit dem Wochenende Spielleiter der Lizentruppe um die begnadeten Fußballer Stein und Bein — doch Regisseur ist der Jugoslawe vom südwestdeutschen Oberligisten Eintracht (!) Trier mitnichten.
Dragoslaw Stepanovic wird der Spielball der begnadeten Drahtzieher um den Möller/Binz-Manager Klaus Gerster sein. Denn „Drago“ — so nannten die Fans den Mann aus Belgrad in den siebziger Jahren, als er noch im schwarz-roten Leibchen neben Hölzenbein und Grabowski über den Rasen des Waldstadions wieselte — ist Trainer von Gersters Gnaden.
Als vor Monatsfrist feststand, daß Klaus Gerster sein „Kapital“ Andreas Möller nicht zu den geforderten „Wucherzinsen“ in Italien würde anlegen können, machte die graue Eminenz hinter dem Vorstand den Verbleib seines Schützlings Möller vom Abgang des sturen Sachsen Jörg Berger abhängig.
Jörg Berger war Cheftrainer — doch Gerster duldet keine anderen Götter neben sich. Daß auch die Mannschaft am vergangenen Sonnabend beim Jahrhundertdebakel gegen den HSV (0:6) gegen den Trainer spielte, ist Beleg dafür, daß der mit Werbe- und Anlageverträgen handelnde Gerster, dem per Vereinsbeschluß die Einmischung in die Belange der Lizenspieler- Abteilung untersagt worden war, seit Möllers Wechsel zur Eintracht dort die Fäden zog und das Präsidium nach Belieben unter Druck setzte.
Gerster und Möller kommen aus dem Frankfurter Stall. Und sie kennen all die einflußreichen „Persönlichkeiten“ im Umfeld der Eintracht — von den stillen Finanziers bis zu den Meinungsmachern in den Sportredaktionen der Main-Metropole. Der „eingeplackte“ Ehrenmann Jörg Berger mit dem naiven Kinderglauben an die Legende von den „elf Freunden und einem Trainer“ lief in Frankfurt aus dem gleichen Grund auf Grund, wie der „eingeplackte“ Oberbürgermeister Volker Hauff. Ohne Hausmacht geht nichts — weder im Römer noch am Riederwald.
Die wenigen Fans, die am Sonntag zum ersten Trainig von „Drago“ Stepanovic mit der Eintracht zum Riederwald gekommen waren, sparten denn auch nicht mit Kritik an „dene fiese Vereinsbonze“. Eine „Luftnummer“ sei der Stepanovic. Und der „arme Berscher“, der habe so einen Abgang nicht verdient: „Nie wieder Eintracht!“
Vielleicht boykottieren die eingefleischten Fans heute abend tatsächlich das Heimspiel gegen Wattenscheid — doch beim Pokalhalbfinale gegen Bremen werden die Ränge wieder voll sein: Business as usual. Die Halbwertzeit des Gedächtnisses von Fußballsüchtigen ist kürzer als die von radioaktiven Nukleiden. Klaus-Peter Klingelschmitt
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