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PRESS-SCHLAGIvan, der Arbeiter

■ Der Tscheche Lendl unterbrach das Favoritensterben bei den Bayerischen Tennis-Meisterschaften

Ivan Lendl lächelt freundlich in die Journalistenrunde und erklärt: „Ich bin gewohnt, ernsthaft zu arbeiten.“ Kurz zuvor hatte er am „Tag der Arbeit“ den Münchner Centre Court als klarer Erstrundensieger über den Kölner Alexander Mronz verlassen. Jeder andere Tennisprofi hätte nach anderthalbjähriger Turnierpause auf Sand wenigstens flaue Gefühle in der Magengegend. Nicht Ivan Lendl, der sich durch die blamable Niederlage John McEnroes gegen den jungen rumänischen Bosch-Schützling Dino Pescariu nicht anstecken ließ. Bei 150.000 Dollar Antrittsgage für McEnroe berechnet sich der Lohnsatz des US-Amerikaners wie folgt: 2.500 Dollar pro Spielminute. „Big Mac“ war es sichtlich peinlich, mehr aber auch nicht.

McEnroe setzte für Lendl keine negativen Maßstäbe. Auf ihn ist Verlaß. Der Weltranglistendritte scheint seine 200.000-Dollar-Gage wert zu sein. Der 31jährige Noch- Tscheche, der seit acht Jahren in Greenwich/Connecticut lebt („im April 1992 rechne ich fest damit, US-Bürger zu werden“), gilt immer noch als der ehrgeizigste Profi der Branche. Daran hat sich nach 13 Jahren Profitennis und 90 Turniersiegen nichts geändert.

Im Gegenteil: Seine Berufsauffassung, die auf hoher Selbstmotivation beruht, ist noch solider und konkurrenzloser geworden. Seinem Ruf als „Workoholic“ wird er insbesondere bei seinem unerreicht intensiven Trainingsprogramm gerecht. So hat er sich drei Wochen vor Turnierbeginn 360 originale Bälle der Münchner Art zuschicken lassen, um sich perfekt darauf einzustellen. Das ist gelungen. Publikum und Veranstalter sind glücklich, wenigstens einen der beiden Superstars im Rennen zu behalten. Jeder im Raum glaubte dem Ostrauer, als er sagte: „Ich kam nach München, um zu gewinnen.“

Turnierdirektor Lothar Lanz hört das gern und liest Lendl jeden Wunsch von den Augen ab. Für einen, der bereits 17,2 Millionen Dollar Preisgeld kassiert hat, ist die „Bayern-Suite“ in einem Münchner Luxushotel für 1.000 D-Mark pro Nacht gerade angemessen. „Sehr hübsch“ sei sie, meinte Lendl denn auch gelangweilt-lapidar auf die unvermeidliche Frage nach seinem Schlafgemach.

Welche sportlichen Ziele bleiben einem wie Ivan Lendl noch? 267 Wochen, länger als jeder andere zuvor, davon 156 ununterbrochen war er die Nummer eins. Nur Wimbledon fehlt noch in seiner Sammlung von insgesamt acht Siegen bei Grand-Slam-Turnieren. Im letzten Jahr versuchte er es mit der Brechstange. Es ging schief. Er opferte seinem Trauma Wimbledon, indem er auf die komplette Sandplatzsaison verzichtete, sogar seinen Spitzenplatz in der Weltrangliste. Dieses Jahr scheint er Wimbledon gelassener anzugehen, zumindest lautloser, denn er mag nicht darüber reden.

„Die besten Jahre eines Tennisprofis sind die zwischen dreißig und fünfunddreißig“, kontert er Fragen, die sich nach seinem Karrierenende erkundigen wollen. Nach München spielt Lendl in Hamburg und Rom, um sich gezielt auf die French Open in Paris vorzubereiten. Mit Siegen bei diesen Turnieren kann er sich wieder ein gutes Stück an die ziemlich weit in der Rangliste enteilten Edberg und Becker heranpirschen. Es ist gut möglich, daß Lendl zum Jahrestag des Verlustes der Nummer eins am 13.August wieder auf den Thron steigt. Karl-Wilhelm Götte

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